Mönchengladbach Hypermärkte waren eine Sensation

Mönchengladbach · Die Geschichte der heute in Mönchengladbach ansässigen Einzelhandelskette Real beginnt 1965 mit einem Massa-Markt im hessischen Alzey. Heute feiert einer der größten Arbeitgeber der Stadt seinen 50. Geburtstag.

Ein halbes Jahrhundert in einer sich rasant verändernden Branche erfolgreich zu überstehen, ist ein Grund zum Feiern. Die Supermarktkette Real begeht in diesem Jahr ihr Jubiläum, auch wenn nicht alle Teile des Unternehmens gleich alt sind und das Unternehmen, mit dem alles begann, gar nicht Real hieß. Die Geschichte der heute in Mönchengladbach ansässigen Einzelhandelskette begann 1965 mit einem Massa-Markt in Alzey.

Der Markt, der sich über acht Etagen erstreckte, war damals eine Sensation, die Schaulustige und Käufer von nah und fern anlockte und für lange Schlangen vor den Türen sorgte. In den 1960er Jahren begann überall in Deutschland der Siegeszug der damals noch SB-Warenhäuser genannten Großflächenmärkte. Allerdings sah das Angebot noch anders aus als heute. "In den Märkten gab es noch eigene Schneider, die Anzüge vor Ort anpassten", sagt Markus Jablonski, Pressesprecher von Real. In Mönchengladbach ging in dieser Zeit das Unternehmen allkauf an den Start, die Einzelhandelskette, die 1998 von der Real-Mutter Metro übernommen wurde. 1966 brachten es alle Anbieter zusammen deutschlandweit gerade mal auf 54 SB-Warenhäuser, 1997 waren es knapp 2200.

In den 1970er Jahren locken legendäre TV-Spots die Kunden in die expandierenden Märkte: Klementine wirbt für Waschmittel, und ohne Weichspüler hat die Hausfrau ein schlechtes Gewissen. Gleichzeitig aber herrscht Markt-Atmosphäre auf den Parkplätzen der Supermärkte: Sonderangebote werden vom Lkw aus verkauft. Die sogenannte "Massa-Sau" macht Furore. Dabei wurden halbe Schweine in Plastiksäcken vom Lkw aus verkauft. Auch die Arbeit der Angestellten ist noch eine völlig andere. "Als ich 1975 bei allkauf in Moers angefangen habe, haben wir jedes Werbeplakat noch selber von Hand geschrieben", erinnert sich Petra Kurek. Seit 40 Jahren ist sie im Unternehmen. "Eine schöne Handschrift war ein Muss."

In den 1980er Jahren zieht sich in der Mönchengladbacher Allkauf-Gruppe Seniorchef Eugen Viehof aus dem Unternehmen zurück. Damals schon beschäftigte das Unternehmen 6500 Mitarbeiter. Die Achtziger sind eine goldene Zeit für die Märkte mit den riesigen Sortimenten und großen Verkaufsflächen - die Ausweitung in die neuen Bundesländer ist danach eine Herausforderung, sorgt aber für Wachstum. 1992 wird aus 13 verschiedenen Unternehmen das neue real-Komma-Strich, wie es ausgesprochen wird. Unter anderem werden real-kauf, plaza und divi zusammengeführt.

1998 kommen die 94 allkauf- und 20 Kriegbaummärkte hinzu, was eine Umsatzsteigerung von mehr als 60 Prozent bedeutet. Die Unternehmenszentrale wird nach Mönchengladbach verlegt, wo ausreichend Platz an der Reyerhütte und an der Korschenbroicher Straße zur Verfügung steht.

Heute ist Real mit seinen etwas mehr als 1000 Beschäftigten einer der ganz großen Arbeitgeber in Mönchengladbach. Dabei arbeitet etwa die Hälfte der Mitarbeiter in der Zentrale, die andere Hälfte ist in den vier Hypermärkten beschäftigt, die Real am Standort betreibt. "Der Standort Mönchengladbach hat für Real eine hohe Bedeutung", sagt Firmensprecher Jablonski, "nicht nur weil sich hier unsere Firmenzentrale befindet, sondern auch, weil in der Region viele qualifizierte Fachkräfte zu finden sind."

Real ist mit einem Jahresumsatz von 8,4 Milliarden Euro, 37 000 Mitarbeitern und bis zu einer Million Kunden am Tag einer der Großen der Branche. Aber darauf will man sich nicht ausruhen. Das Unternehmen setzt - selbstverständlich, möchte man sagen - auf ein sogenanntes Multichannel-Konzept, bei dem der stationäre Handel ergänzt wird durch einen Onlineshop, der Artikel aus dem Non-Food-Bereich bietet. Außerdem gibt es an einigen Standorten die Möglichkeit, Lebensmittel online zu bestellen und entweder im gewünschten Markt abzuholen oder sich nach Hause liefern zu lassen.

Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen an immer neuen Konzepten der Kundenansprache und -bindung. "Dynamische Preise" nennt sich eines der Projekte: heute schon erhalten Payback-Kunden niedrigere Preise auf ausgewählte Produkte. Die nötigen Daten über die Vorlieben der Kunden erhält das Unternehmen über anonymisierte Payback-Daten. Über diese Daten wird auch das Sortiment der einzelnen Märkte gesteuert. Anhand des Einkaufsverhaltens werden Kundengruppen gebildet, so dass berücksichtigt werden kann, ob zum Beispiel mehr junge Familien oder eher gut situierte Rentner zu den Kunden gehören.

In Zukunft will Real individualisierte Preise anbieten. Jeder Kunde wird, wenn er in den Markt kommt, für ein bestimmtes Produkt, das er häufig und gern kauft, ein besonderes Angebot erhalten. Jemand, der oft Grillfleisch kauft, bekommt zum Beispiel die Nachricht auf sein Smartphone, dass er einen Grill jetzt zwanzig Prozent günstiger bekommt. Das ist die Antwort des Unternehmens auf die Herausforderungen der digitalen Einkaufswelt.

(arie)
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