Mönchengladbach Idyll im Finkenberger Bruch

Mönchengladbach · Der Tagebau hätte aus dem Finkenberger Bruch beinahe eine trockene Ödlandschaft gemacht. Weil aber pro Jahr sechs Millionen Kubikmeter Wasser in das Gebiet eingespeist werden, ist im Süden der Stadt ein Biotop entstanden.

Nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum ist man mittendrin in der Urlaubsidylle. Kühe machen es sich in den Auen im Schatten der Obstbäume bequem, die Weiden glänzen silbrig in der Sonne, Pappeln wiegen sich im Wind. Ein Fischreiher reckt seinen Schnabel in die Luft, breitet seine Flügel aus und erhebt sich in den Sommerhimmel. Im Finkenberger Bruch ist die Welt für Erholungssuchende noch in Ordnung.

Wer sich aufmacht, die Natur im Finkenberger Bruch zu erkunden, sollte zwei Dinge mitnehmen: ein Fahrrad und ein Fernglas. Ersteres, weil schon der Weg zudem Naturschutzgebiet eine schöne Route für eine Fahrrad-Tour ist und es am Rande der Auen sowieso keine Parkplätze gibt. Der Weg führt von Mönchengladbach an der Niers entlang zu Schloss Wickrath, weiter Richtung Wickrathberg. Durch das Dorf hindurch, vorbei an der Barockkirche, man biegt in den kleinen Weg rechts ab und fährt mitten hinein in die Idylle.

Den Ausflügler empfängt ein fröhliches Vogelkonzert. "Es gibt hier Grünspechte, Buchfinken und Grünfinken, Zaunkönig und den Zilpzalp", berichtet Barbara Weinthal, Fachbereichsleiterin Umweltschutz bei der Stadt. Der Zilpzalp gehört zu den Sperlingsvögeln und verdankt den ungewöhnlichen Namen seinem markanten Gesang. Wer Glück hat, kann im Finkenberger Bruch sogar einen Eisvogel entdecken. Dafür ist das Fernglas im Ausflugsgepäck sehr nützlich.

Nicht immer war der Finkenberger Bruch, der nach der Finkenpopulation benannt wurde, so zugänglich. In seiner frühen Zeit war hier reines Sumpfgebiet. Auf einer Erhöhung bauten Napoleons Soldaten eine kleine Holzburg, um das Grenzgebiet zu verteidigen. Wer heute sehen will, wo die Motte einst stand, richtet seinen Blick zwischen den Baumstämmen von Eichen, Erlen und Eschen hindurch. Aber auch jüngere Geschichte gibt es im Finkenberger Bruch zu entdecken.

Denn durch den Tagebau jenseits von Wanlo drohte das Idyll zu vertrocknen. Weil das Grundwasser entzogen wurde, wird heute über eine Galerie an Versickerungsbrunnen und ein raffiniertes Rohrleitungssystem Wasser im Boden verteilt. An der Einspeisungsquelle rauschen pro Jahr rund sechs Millionen Kubikmeter Wasser in den Boden. Das Rauschen der Wassermassen lässt den Waldboden an dieser Stelle leicht vibrieren. An der Oberfläche sprudelt das Wasser in die Niers. Ein Platz, der bei Erholungssuchenden sehr beliebt ist.

Aufmerksame Beobachter können hier in Flora und Fauna ungewöhnliche Entdeckungen machen. Da gibt es mehrstämmige Erlen, die einst von den Bewohnern rund um die Auen gekappt wurden und wieder neu austrieben bis drei oder vier Stämme entstanden. Die Kopfweiden werden immer wieder beschnitten, damit sich für die Käuze Höhlen bilden. Und auch Naturwunder sind hier zu beobachten, wie die hohle Weide, deren Stamm nur noch aus drei Fragmenten besteht, die aber jedes Jahr wieder austreibt und ein grünes Dach bildet. "An einer Straße hätte sie wegen der Verkehrssicherheit längst gefällt werden müssen, aber hier kann sie wunderbar überleben", freut sich Weinthal.

Dass gute Pflege aus einer Grünfläche ein lebendiges Biotop werden lässt, zeigt der Finkenberger Bruch eindrucksvoll. Vor zwei Jahren wurde die Niers hier renaturiert. War der Fluss vor wenigen Jahren noch begradigt, hat man ihm nun wieder seinen natürlichen Lauf gegeben, so dass sich das Gewässer in unregelmäßigen Kurven durch das Grün schlängelt. Hier und da beruhigen Baumstämme, die in das Wasser hineinragen, den Lauf. Hier können sich Fische sammeln, Wasservögel brüten und Wasserpflanzen ansiedeln.

Bis nach Kuckum im Erkelenzer Land, an die Quelle der Niers, führt der Weg. Wer einen kleinen Schlenker nach Keyenberg fährt, kann noch das Denkmal einer Motte, der historischen Verteidigungsanlage, besichtigen.

(RP)
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