Mönchengladbach In 41 Jahren ist die Stadt schuldenfrei

Mönchengladbach · Bedingung: Gladbach spart jede Sekunde 0,92 Euro. Um diese Summe läuft die Schuldenuhr rückwärts. Noch hat die Stadt rund 1,2 Milliarden Euro Altschulden und etwa 830 Millionen Euro Kassenkredite.

Just in diesem Moment, in dem Sie diesen ersten Satz lesen, sind Sie um drei Euro reicher geworden. Und nicht nur Sie, sondern auch rund 260.000 weitere Bürger dieser Stadt. Wenn Sie sich jetzt wundern: Pro Sekunde baut die Stadt 0,92 Euro an Schulden ab, und wir haben einmal zugrundegelegt, dass Sie für den ersten Satz etwas mehr als drei Sekunden benötigen. Die Schuldenuhr der Stadt Mönchengladbach, die viele Jahre nur die Richtung kannte, dass die Schuldensumme immer größer wurde, läuft seit Monaten rückwärts - das heißt: Die Stadt baut ihre Schulden ab. Wer nun schon den Schuldenberg vor seinen geistigen Augen abgebaut sieht, wird enttäuscht: Mönchengladbach hat rund 1,2 Milliarden Euro Altschulden. Und bis die alle abgebaut sind, dauert es mehr als 41 Jahre - vorausgesetzt, dass der Schuldenabbau mit 0,92 Euro/Sekunde unverändert bleibt.

So ganz stimmt dies auch nicht. Denn man darf nicht nur die 1,2 Milliarden Euro Altschulden zugrunde legen. Denn Stadtkämmerer Bernd Kuckels schiebt auch immer noch Kassenkredite hin und her, die derzeit rund 830 Millionen Euro ausmachen. Kassenkredite im Haushalt einer Kommune sind vergleichbar mit den Dispozinsen im privaten Haushalt. Mit diesen Kassenkrediten bezahlt Kuckels aktuelle Ausgaben, denn die Stadt lebt weiter über ihren Verhältnissen.

Wer sich nur diese Negativzahlen zu Gemüte führt, könnte den Schluss ziehen: Es ist alles schlecht in der Stadt - zumindest finanziell. Das trifft allerdings auch nicht mehr zu. Es geht wieder aufwärts, wofür der sekündliche Schuldenabbau ein Indiz ist. Ein anderes legt Stadtkämmerer Bernd Kuckels in der Ratssitzung am kommenden Mittwoch (ab 15 Uhr, Ratssaal im Rathaus Rheydt) vor, wenn er den Haushaltsentwurf für 2018 präsentiert: Es ist der erste seit 1994, der bei Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Denn in jedem Jahr danach hat Mönchengladbach Schulden gemacht, die zu dem horrenden Schuldenberg geführt und die Stadt zwischenzeitlich gelähmt hat. Kuckels erfüllt mit diesem ausgeglichenen Haushalt in einem Volumen von 1,062 Milliarden Euro die entscheidende Vorgabe aus dem Stärkungspakt: Er muss 2018 den ersten ausgeglichenen Haushalt vorlegen, nachdem die Stadt seit 2012 insgesamt 188,18 Millionen Euro an Stärkungspakthilfen bekommen hat.

Zur Erinnerung: Das damalige Ampel-Bündnis aus SPD, FDP und den Grünen beschloss 2012 den Beitritt zum Stärkungspakt. Damals mit den Stimmen der FWG, die darin die einzige Chance sah, dass die Stadt zum Sparen verpflichtet wird. Auch die IHK klatschte Beifall. Den Gegenpol bildeten CDU und Linke. Zwei Jahre vorher hatte Stadtkämmerer Kuckels noch eine Überschuldung der Stadt für das Jahr 2016 prognostiziert. Das wäre der Zeitpunkt gewesen, wenn das Vermögen der Stadt, das zum Beispiel in Straßen, Gebäuden und Parks steckt, aufgezehrt gewesen wäre. Der Stärkungspakt ist in seiner Struktur simpel: Das Land gibt Millionen, verlangt als Gegenleistung noch größere Sparanstrengungen von den beteiligten Kommunen und - unter anderem von Mönchengladbach - ausgeglichene Haushalte ab dem Jahr 2018. Den entsprechenden Entwurf legt Kuckels am kommenden Mittwoch vor.

In diesem Jahr und auch im kommenden Jahr erhält die Stadt noch jeweils mehr als 40 Millionen Euro vom Land (dies war seit 2014 die Standardsumme). Danach fällt der Landeszuschuss für die Jahre 2019 (27,1 Millionen) und 2020 (13,5 Millionen) deutlich geringer aus. Endet der Stärkungspakt, hat das Land insgesamt 269,5 Millionen Euro auf die Stadtkasse überwiesen. Aber die Stadt hat auch selbst konsolidiert: Von 2012 bis 2016 waren es 137,5 Millionen Euro, bis zum Ende dieses Jahres kommen weitere 48,3 Millionen Euro hinzu. Die Stadt ist bis jetzt im Soll: Es gibt ein leichtes Sparplus von 50.000 Euro. Zurücklehnen kann sich Gladbach nicht: Bis 2021 soll ein Einsparvolumen von rund 400 Millionen Euro erzielt werden. Die Stadt hat also noch einen dornenreichen Weg vor sich.

Diesen wird Kuckels vermutlich nur noch einige Monate mitgehen: CDU und SPD werden in der Ratssitzung am Mittwoch entscheiden, seine Stelle neu auszuschreiben. Nach den Vereinbarungen, die beide Fraktionen getroffen haben, hat die CDU das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Kämmerer-Stelle.

(biber)
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