Mönchengladbach In den Backstuben ist Onjeschwedde-Zeit

Mönchengladbach · Das Gladbacher Brot wird traditionell nur mit frischem Mehl gebacken. Aber manche Bäcker nehmen es mit den Zutaten wohl nicht so genau.

 Jakob Andler macht sein Onjeschwedde so, wie es gemacht werden soll. Das Rezept soll noch vom Uropa weitergereicht worden sein.

Jakob Andler macht sein Onjeschwedde so, wie es gemacht werden soll. Das Rezept soll noch vom Uropa weitergereicht worden sein.

Foto: Raupold

Einmal unterbricht Christian Riethmacher kurz das Gespräch. "Einen Moment mal eben", sagt er, dann ist er weg und man hört nur noch Wortfetzen: "Wann...Mehl...Onjeschwedde..." Er kommt zurück und sagt: "Das war gerade mein Lieferant. In ein paar Tagen kommt das Mehl." Dann gibt es in der Bäckerei Riethmacher wieder Onjeschwedde. Dieses seltene Brot.

Viele winken nun ab, weil sie das Brot seit Jahr und Tag kennen - das sind die Eingeweihten. Anderen aber muss man einmal erklären, was das ist: Onjeschwedde.

Onjeschwedde ist ein Roggenbrot, das einem gewöhnlichen Stuten ähnlich sieht, aber einer ganz eigenen Machart folgt. Denn das Brot wird aus ganz frischem Mehl hergestellt. Es ist "ungeschwitzt" - daher der Name -, das unbehandelte Getreide wird geerntet, gemahlen und landet unmittelbar darauf schon in den hiesigen Backstuben. Darum wird Onjeschwedde nicht ganzjährig angeboten, sondern nur, solange das Mehl tatsächlich frisch ist. "Fünf bis sechs Wochen gibt es das Brot", sagt Bäcker und Konditormeister Christian Riethmacher aus Erfahrung.

Früher galt Onjeschwedde vor allem in Rheydt und Wickrath als Spezialität, heutzutage wird es zuweilen auch in den Nachbarstadtteilen angeboten. Die Bäckerei Riethmacher etwa verkauft das Brot in der Venner Gasse im Norden Mönchengladbachs.

In Jakob Andlers "Kelzenberger Bäckerei" an der Hans-Martin-Schleyer-Straße geht gleichfalls Onjeschwedde über die Ladentheke - am frühen Nachmittag ist aber keines mehr zu bekommen. "Die sind alle schon weg", sagt Andler. Er bittet, doch am nächsten Morgen wiederzukommen und verspricht: Er hält eins zurück.

Dann liegt es da, goldbraun und schwer. 750 Gramm wiegt ein Laib, sechs Brote backt Andler pro Tag, nach altem Rezept. "Das ist noch vom Uropa. Wir haben daran nichts verändert." Onjeschwedde gibt es bei Andler grundsätzlich nur aus frisch geerntetem Getreide. Das Mehl lässt er sich auf direktem Wege aus einer Grevenbroicher Mühle anliefern.

Nicht überall aber sollen es die Bäcker ganz genau nehmen mit ihrem Onjeschwedde-Teig. Freunde der traditionsreichen Backware stutzen zuweilen, wenn sie Onjeschwedde schon im Juni oder weit nach dem Jahreswechsel in den Auslagen der Verkaufsstellen finden.

"Es gibt ein paar Spezialisten", sagt auch Jakob Andler, "die verkaufen das Brot schon, wenn der Roggen noch auf den Feldern steht."

Auch Christian Riethmacher winkt ab. "Sie können nicht zwei Tonnen Mehl einlagern und im Januar noch Onjeschwedde backen. Das funktioniert nicht." Dann verlöre das Brot seinen Charakter. "Dann können Sie es auch gleich ganz sein lassen und ganz normales Brot backen."

Doch weil viele das Brot schlichtweg nicht kennen, wissen sie auch nicht um die besondere Eigenart. "Jüngeren Leuten ist Onjeschwedde mittlerweile unbekannt", sagt Andler. "Die müssen es erstmal probieren", sagt Riethmacher. Beide Bäckermeister backen ihr Brot mit Korinthen, auch Zimt und Anis gehören in vielen Backstuben zu den üblichen Zutaten.

"Es ist ein sehr prägnantes Brot", sagt Christian Riethmacher. Er empfiehlt Onjeschwedde mit Marmelade und Butter zu bestreichen. "Es schmeckt anders", sagt Jakob Andler. "Das kann man nicht erklären, man muss es probieren."

(RP)
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