RWE-Aktien Irritationen wegen Auflösung einer Holding

Mönchengladbach · Es geht wieder um RWE-Aktien. Aber nicht um die fast zwei Millionen Wertpapiere, die im Besitz der Stadt sind.

Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners hat den Ratsfraktionen einen Brief geschrieben. Das ist nicht ungewöhnlich. Wenn Gladbachs Ratspolitiker darin von der Auflösung einer Holding im Zusammenhang mit RWE-Aktien lesen, werden bei ihnen die Signallampen blinken. Zu recht, denn die Stadt ist im Besitz von 1.917.470 RWE-Aktien. Und da kann jeder Husten beim Energieriesen hier in Mönchengladbach wenige Monate vor dem geplanten Haushaltsausgleich eine Grippe auslösen. Das Schreiben des OB ist auch noch ungemein kompliziert verfasst, weil die Materie eine schwierige ist. Doch gemach: Es geht zwar um Aktien, aber nicht um die rund zwei Millionen, die der Stadt gehören. Sondern um eine unbekannte Zahl von Wertpapieren, von denen vermutlich keine einzige im Besitz der Stadt beziehungsweise ihrer Tochter Stadtsparkasse ist.

Dies hängt zusammen mit einer Kapitalerhöhung vor einigen Jahren, bei der RWE neue Aktien ausgegeben und ihren Anteilseigner angeboten hat. Viele Kommunen hätten - damals versprach man sich noch kräftige Gewinne, wenn man RWE-Aktien besaß - gerne zugegriffen, aber den meisten erging es so wie Mönchengladbach: Sie waren klamm und hatten für einen Zukauf kein Geld. Seinerzeit wurde die RW Holding gegründet, die den NRW-Kommunen anteilig gehört. Sie übernahm die RWE-Aktien aus der Kapitalerhöhung. Hätte es das Modell nicht gegeben, wäre die 25-Prozent-Sperrminoriät der Kommunen in Gefahr gewesen. Diese in der Holding eingelagerten Aktien wurden dann anderen angeboten: zum Beispiel den Sparkassen, die wiederum im Besitz der Kommunen sind. Um dieses Holdingkonstrukt entstand außerdem eine komplizierte Beteiligungsstruktur, die kaskadenförmig aufgebaut ist. Dieses ganze Gebilde soll in diesem oder spätestens im nächsten Jahr abgewickelt werden. Die Hauptversammlung der RW Holding AG hat die Auflösung der Gesellschaft bereits beschlossen. Die einzelnen RW Beteiligungsgesellschaften sollen in einer Art Kettenverschmelzung auf eine RW Beteiligungs GmbH vereinigt werden. Wenn das dann geschehen ist, wird diese GmbH ebenfalls aufgelöst.

Der Sinn des Ganzen: Wenn das alles passiert ist, können die Besitzer von RWE-Aktien, die sie bei der Kapitalerhöhung gekauft haben, diese wieder veräußern. Und dazu scheint die Bereitschaft groß zu sein. Eben das steckt alles in dem Schreiben des OB an die Fraktionen. In der Sitzung des Rates am 18. Oktober will Reiners die Ratsmitglieder informieren, dass er der Auflösung der Holding zustimmen will

Vielleicht wird in diesem Zusammenhang wieder der Verkauf der städtischen RWE-Aktien ein Thema. Und das ist eines, das die Stadt seit mehreren Jahren umtreibt. Denn Ende 2007/2008 wollte Mönchengladbach seinen Schatz verkaufen: Als sich die damalige Ratsmehrheit CDU und FDP dazu entschloss, lag der Kurs der RWE-Stammaktie bei rund 95 Euro. Es gab zahlreiche Experten, die mit einem weiteren Sprung über die 100-Euro-Marke rechneten. Der komplizierte Verkauf - die Aktien mussten unter anderem zunächst den anderen kommunalen Anteilseignern angeboten werden - kostete mehr als zehn Millionen Euro, weil Steuern anfielen und das Beratungsunternehmen Sal. Oppenheim bezahlt werden musste. Nachdem alles geregelt war, hatte der Crash die Börsen 2008 weltweit auf Talfahrt geschickt.

Als die Stammaktie bei 63 Euro lag, gab es erneut die Gelegenheit zum Verkauf. Doch eine politische Mehrheit rechnete mit steigenden Kursen und gab Kämmerer Bernd Kuckels den Auftrag, erst bei einem Kurs von 85 Euro pro Aktie zu verkaufen. Dieser Stand wurde nie mehr erreicht, der Beschluss gilt aber noch heute. Zum Vergleich: Gestern wurde die RWE-Stammaktie bei 20,74 Euro notiert. Immerhin darf die Stadt 2018 wieder mit einer Dividende rechnen. Nach zwei Ausfalljahren 2016 und 2017 kann Kuckels 2,4 Millionen Euro einplanen.

(biber)
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