Mönchengladbach JHQ: Stadt will lieber mieten als kaufen

Mönchengladbach · Die Zahlen sind da und bei allen Unabwägbarkeiten aufschlussreich: Rechnet man Einnahmen und Ausgaben gegen, ist das Risiko für die Stadt überschaubar, wenn sie das JHQ mietet. Doch die CDU schließt auch einen Kauf nicht aus.

 Blick von Koch ins leere JHQ: Auch die leeren Häuser im Hintergrund müssen alle abgerissen werden.

Blick von Koch ins leere JHQ: Auch die leeren Häuser im Hintergrund müssen alle abgerissen werden.

Foto: Stadt

Einen symbolischen Euro pro Jahr muss die Stadt an die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (Bima) pro Jahr zahlen, wenn sie das JHQ mietet. Doch in Wahrheit muss die Stadt mit deutlich höheren Kosten rechnen: eine knappe halbe Million Euro pro Jahr allein für die Sicherung des Geländes. Dazu kommen Unterhaltung von Straßen und Gebäuden sowie der Grünflächen. Mindestens eine Million Euro kommt so wohl pro Jahr zusammen.

Dafür kann die Stadt mit Mieteinnahmen rechnen, die sich nach Informationen der RP auf bis zu 900 000 Euro pro Jahr belaufen. Und zwar nur, wenn sie an das Land für die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber und an Marek Lieberberg für sein Musik-Festival vermietet. Zudem kann die Stadt weitere Mieter suchen. Eine erhebliche Spannbreite gibt es indes bei Ausgaben wie Einnahmen. Wie viel die Stadt vom Land an Miete bekommt, richtet sich nach der Zahl der Gebäude, die das Land am Ende tatsächlich für die Unterbringung der Flüchtlinge nutzt. 34 sollen es am Ende sein - ob es schon im ersten Jahr so viele sind, ist aber noch unklar. Und die Miete von Konzertveranstalter Marek Lieberberg hängt auch von der Zahl der Besucher ab, die zum Festival kommen.

Für die Kosten stellt die Verwaltung dem Rat am Mittwoch drei Rechnungen vor, wobei die teuerste sechsmal so hoch ist wie die günstigste. Sie unterscheiden sich vor allem in der Frage, was man dauerhaft mit dem Areal vorhat. Die über sechs Millionen Euro teure Spielart tut so, als müsse das Gelände in seinem jetzigen Zustand erhalten bleiben. Knapp vier Millionen werden alleine für die Grünpflege eingesetzt, eine weitere für den Erhalt der Gebäude - die in Wahrheit abgerissen werden sollen. Im Rechenmodell der Entwicklungsgesellschaft spielt Grünpflege kaum eine Rolle, weil es reiche, wenn ein Bauer das Grün in einem Teil des Geländes zurückschneide. So kommt die EWMG insgesamt auf Kosten von 965 000 Euro pro Jahr. In der dritten Variante sind es 1,2 Millionen Euro.

Dass die Bima kein Interesse am Erhalt der Gebäude hat und entsprechend die Häuser auch nicht instandgehalten werden müssen, ist ebenso bekundet, wie das von der Bezirksregierung Arnsberg gerade noch einmal bekundete Interesse, so schnell wie möglich die Fläche für die Flüchtlinge zu mieten.

Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Hans Peter Schlegelmilch ist klar: "Die Zahlen zeigen uns, dass wir mit unserer Einschätzung richtig gelegen haben. Jetzt müssen wir die Zahlen weiter schärfen - auch die für einen Kauf, den ich weiter für möglich halte." Auch sein SPD-Kollege Felix Heinrichs entdeckt in der Vorlage der Verwaltung nichts Überraschendes. Für ihn ist wichtig, dass es nicht bei den zwei möglichen Mietern Land und Lieberberg bleiben muss. "Die Entwicklung des JHQ ist eine Riesenchance für die Stadt", sagt Heinrichs. Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners und der Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft, Ulrich Schückhaus, besuchen am Montag nacheinander die CDU- und die SPD-Fraktion, um den Stand der Dinge zu erörtern. Zwar gibt es in beiden Lagern auch Skeptiker, die Nachfragen zur Verwaltungsvorlage haben. Zum Beispiel dazu, wie man verhindert, dass sich geschützte Fledermäuse in den verlassenen Häusern einnisten. Und wie man sicher ausschließen kann, dass Asylbewerber und Konzertbesucher die Häuser betreten.

Der überwiegende Teil von Christ- und Sozialdemokraten sieht aber bei allen Risiken vor allem die einmalige Chance: eine große Fläche entwickeln zu können, die wirtschaftlich ähnlich erfolgreich wie der Nordpark werden kann. Einige andere Fraktionen sind skeptisch, was am Mittwoch zu einer umfänglichen Diskussion im Rat führen wird, wiewohl kommende Woche noch gar keine Entscheidung fällt. Eine politische Mehrheit für das Projekt zu finden, ist indes nicht die größte Herausforderung.

Ob bis zur nächsten Ratssitzung am 20. November das Land wirklich schon den Mietvertrag mit der Stadt unterschrieben haben wird, ist ungewiss. Denn das Land weiß, obwohl es sich seit langem mit dem Plan beschäftigt, immer noch nicht, wie viel Geld es in die Versorgung mit Trinkwasser und Wärme investieren muss. Gleichzeitig drängt es den zweiten Mieter. Marek Lieberberg möchte gerne möglichst noch in diesem Jahr in den Vorverkauf für sein Festival gehen. Denn dann läge manches Ticket dafür unterm Weihnachtsbaum.

(RP)
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