Mönchengladbach JHQ steht 2014 komplett leer

Mönchengladbach · 420 Hektar groß, 1400 Häuser und Wohnungen, 36 Kilometer Straßen, dazu Kirchen, Schulen, Heizkraftwerke: Voraussichtlich 2014 steht das Hauptquartier der britischen Streitkräfte komplett leer. Was wird daraus? Wald, Golfpark oder Ghetto? Das weiß niemand.

Rückblick: "Very british": Die Welt des JHQ in Mönchengladbach
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Da haben die Stadtplaner die einmalige Gelegenheit, für einen Spottpreis einen ganzen Stadtteil zu kaufen, dürfen sich ungehindert austoben und ihn umbauen. In früheren Zeiten hätten sie wahre Freudensprünge gemacht. Das war einmal. Deshalb ist das Hauptquartier der britischen Streitkräfte (JHQ) im ehemaligen Rheindahlener Wald jetzt eher eine Art Damoklesschwert, das drohend über der Stadt schwebt. Und die Zeit drängt. Im kommenden Mai zieht das schnelle Eingreifcorps ARRC nach England ab. Voraussichtlich 2014 ist das riesige, 420 Hektar große Gelände komplett frei. Was wird dann aus den 1400 Häuser und Wohnungen, aus den 36 Kilometer Straßen, aus Heiz- und Wasserwerken, aus Schulen, Kirchen, Kindergärten? Eine Antwort hat derzeit niemand.

Immobilienmarkt im Keller?

Und so wird die Schar der Pessimisten, die mit düsteren JHQ-Prognosen durch die Lande ziehen, immer größer. Schlimmer noch. Niemand kann sie in die Schranken verweisen und ihnen energisch widersprechen. Denn es ist Fakt: Für die 1400 Häuser und Wohnungen weit weg von den Zentren hat eigentlich niemand Verwendung. Dazu kommen noch weitere 1100 Wohneinheiten außerhalb des JHQ, etwa am Bunten Garten. Letztere könnten Interessenten finden.

Aber wenn sie geballt auf den Wohnungsmarkt kommen, dessen Leerstand in der Stadt bereits jetzt bei rund vier Prozent liegt, dann fallen die Preise für Wohneigentum tief in den Keller: Mieten sinken, Immobilien werden entwertet, es könnten sich schnell Ghettos bilden. Schlimmer noch: Da die Häuser und Wohnungen in den 50er Jahren binnen 24 Monaten aus dem Boden gestampft und seitdem auch nur ansatzweise renoviert wurden, entsprechen sie überhaupt nicht mehr den Anforderungen, die Häuslekäufer heute stellen. Wärmedämmung und energetische Techniken sind bei diesen Einfachhäusern nicht oder kaum vorhanden.

Da stellt sich die Frage: Was macht man überhaupt mit diesem Riesengelände? Mögliche Antwort: Gar nichts. Doch das geht nicht, weil diese 420 Hektar so offen sind, dass sie nicht hermetisch abgeriegelt werden können. Wer weiß, wer sich in den Häusern breit machen würde. Eine Freistadt Christiania wie in Kopenhagen will in der Stadt kaum jemand haben.

Selbst wenn die Stadt sich entscheiden würde, hier den Rheindahlener Wald, der nach dem Zweiten Weltkrieg komplett abgeholzt wurde, wieder aufzuforsten, wäre dies mit einer Rieseninvestition verbunden: Einen Euro pro Quadratmeter verlangt der Bund, dem das Grundstück gehört und der es über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vermarktet, wenn aus dem Gelände Wald wird — also insgesamt 4,2 Millionen Euro für die völlig überschuldetete Stadt. Und wer reißt dann die Gebäude ab, beseitigt Straßen, saniert das unter Umständen mit Altlasten verseuchte Grundstück?

Es gibt noch andere Ideen. Ein Golfpark mit Ferienhäusern zum Beispiel. Oder eine Bundesgartenschau. Oder eine riesenfläche für ein gewerbliches Großprojekt. Alles ist möglich. Nachteil: Dafür muss es Investoren geben. Und in der derzeitigen Wirtschaftskrise finden sich diese nicht gerade an jeder x-beliebigen Straßenecke.

(RP)
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