Mönchengladbach Jürgen Faßbender: Von Gladbach aus die Tenniswelt erobert

Mönchengladbach · Jürgen Faßbender startete seine Karriere als einer der erfolgreichsten deutschen Spieler als Steppke bei der TG Rot-Weiß. Sein Vater war 1956 Erfinder des später weltweit bekannten Jugendturniers German Junior Open am Bunten Garten.

Ab Montag ist dort seine kleinere Neuauflage: das NRW Junior Open. Spieler aus 35 Nationen haben gemeldet.

Es ist, als wäre es gestern gewesen. "Sobald ich die Schularbeiten fertig hatte, habe ich mich aufs Rad gesetzt und bin von der Pescher Straße 170, gleich neben der Schule, durch die Stadt zum Tennisplatz gefahren." Jürgen Faßbender kennt noch den Weg, die Straßennamen, obwohl er sehr lange nicht mehr hier war: "Erzbergerstraße, Bismarckstraße, vorbei an der Kaiser-Friedrich-Halle und dann am Bunten Garten entlang über die Lettow-Vorbeck-Straße." Und er kennt noch die Mädchen und Jungen, mit denen er damals, Mitte bis Ende der 50er Jahre, Tennis gespielt hat: Brigitte Jöbges, Julia Bunkowitz und ihr Bruder Ulrich, Uli Vos, Mika Kaulen und der Autor dieser Zeilen fallen ihm da spontan ein.

Jürgen Faßbender, der später zu den besten Tennisspielern der Welt gehören sollte, war 1953 als Fünfjähriger mit der Familie aus Wesseling nach Mönchengladbach gekommen. Sein Vater Johann war zuerst Trainer beim GHTC und ab 1955 bei der TG Rot-Weiß. Jürgen sammelte die Bälle auf, wenn der Vater Trainerstunden gab. Später probte er selbst die ersten Schläge, 1959 wurde er Deutscher Meister der Balljungen.

Er erinnert sich noch genau an die hölzerne Baracke, die im Krieg als Notkirche gedient hatte, von der TG Rot-Weiß gekauft und auf der neuen Anlage hinter dem Bunten Garten als Klubhaus genutzt wurde. "Es war eine tolle Kindheit und eine wunderschöne Zeit, die mein Leben auf einen guten Weg gebracht hat und in der ich sehr viel gelernt habe", sagt der heute 64-Jährige. "Ich bin froh, dass ich in meiner Jugend einen so guten Aufbau bekommen habe und durch meinen Vater zu einem so schönen Sport gekommen bin. Disziplin ist dabei das Wichtigste. Das sage ich noch heute meinen Schülern."

Zwei Tennis-Schulen hat er. Eine in seinem großen Sportpark bei Karlsruhe. Dazu betreibt er in Florida in einem Resort auf einer Insel, dem "Florida Ocean Club", ein Tenniscenter. 15 Meilen entfernt hat Ivan Lendl ein Haus, der einstige Weltranglisten-Erste, mit dem er sich ab und an trifft.

Ganz so weit wie der Tscheche hat es Jürgen Faßbender im Tennis nicht gebracht. Aber auch die Erfolge, die er nach dem Wegzug der Familie 1961 von Mönchengladbach nach Dortmund, später nach Köln, Hannover und Karlsruhe hatte, können sich sehen lassen. Er bestritt zwischen 1968 und 79 23 Davis-Cup-Begegnungen für Deutschland, stand beinahe weltweit in 44 Endspielen der ATP im Einzel und vor allem im Doppel. Vier Einzeltitel holte er. 16 Mal gewann er im Doppel, meist mit Karl Meiler und Jürgen Pohmann, 1968 schon mit dem legendären Düsseldorfer Wilhelm Bungert. 1973 stand Faßbender mit Pohmann im Halbfinale der French Open in Paris, 1975 mit Meiler im Halbfinale von Wimbledon. Dort hat er aber auch ein Erlebnis gehabt, das ihn noch heute wurmt: "Ich habe einmal durch eine Fehlentscheidung den Einzug ins Semifinale verpasst. Das hat richtig wehgetan. Ich war in sehr guter Form, hatte vorher in Queens Jimmy Connors geschlagen." 1975 bekam er in Wimbledon den Fairnesspreis.

Der Achtjährige war als Balljunge und Helfer dabei, als 1956 die TG Rot-Weiß ihr erstes Jugend-Einladungsturnier ausrichtete, initiiert von Johann Faßbender und dem damaligen Vorsitzenden Dr. Günter Bunkowitz, dem Vater des heutigen Präsidenten des Tennisverbandes Niederrhein. Es war der erste Wettbewerb, bei dem sich die Jugend des Niederrheins messen konnte.

Aus der Idee Johann Faßbenders entwickelte sich ein Jugendturnier, das schon 1958 international besetzt war, zu den bedeutendsten der Welt wuchs und als "German Junior Open" Spieler aus bis zu 38 Nationen anlockte. Und bei der sich reihenweise Mädchen und Jungen präsentierten, die als Erwachsene ganz oben in der Welt spielen sollten: Björn Borg, Ivan Lendl, Steffi Graf, Boris Becker, Michael Stich, Mats Wilander, Pat Cash – um die wichtigsten Namen zu nennen. Jürgen Faßbender selbst hat am Bunten Garten erstmals als Zehnjähriger mitgespielt. Und er hat später selbst auch einmal das Turnier gewonnen: die Klasse bis 16 Jahre, als er 1963 aus Dortmund anreiste.

Sein Name als Tennisspieler und seine Liebe zum Fußball haben Jürgen Faßbender, als er in Köln wohnte, auch Kontakte zu Borussenspielern gebracht. "Günter Netzer treffe ich heute noch ab und zu. Dann reden wir über die alten Zeiten, wo wir und einige andere schon mal ins Kino gegangen sind. Nur hinterher einen trinken gehen, das konnten wir nicht. Hennes Weisweiler warte schon, haben sie immer gesagt."

Die "Fohlen" waren damals halt schon Profis, die Tennisspieler noch nicht. "1972 habe ich die ATP, die weltweite Organisation der männlichen Tennisprofis, mit gegründet. Erst dann gab es eine offizielle Weltrangliste. Bis dahin hieß es nur, Karl Meiler und ich gehörten im Doppel zu den zehn Besten in Europa", erzählt Faßbender. Ein offizielles Ranking im Doppel gab es erst 1983, als seine Karriere zu Ende ging. Im Einzel stand er 1973 auf Platz 31.

Geld nicht nur mit Tennis verdienen musste er schon 1968. Bei einem Unfall war sein Vater mit nur 51 Jahren gestorben. "Da stand ich plötzlich mit meinen drei Schwestern, meiner Mutter und einem Haus in Köln da, das noch nicht bezahlt war. Nur vom Tennis konnten wir nicht leben." So schuf er sich eine weitere Einnahmequelle – als Generalvertreter eines italienischen Sportartikelherstellers. Später arbeitete er auch als Kommentator im Fernsehen. Seinen Namen als Spieler und später als badischer Verbandstrainer (da gehörte Boris Becker zu seinen Schützlingen) nutzt Faßbender heute noch, auch für sein Tenniscenter in den USA.

Seit kurzem lebt er in Duisburg und wird demnächst, mit 64, zum dritten Mal Vater.

(RP/rl)
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