Mönchengladbach Justiz kommt nicht zur Ruhe

Eine neue Justizpanne und ein neuer kommissarischer Leiter der Staatsanwaltschaft: Auch Freitag blieb es bei der Mönchengladbacher Justiz turbulent.

Mönchengladbach: Justiz kommt nicht zur Ruhe
Foto: ddp, ddp

Wieder einmal geht es um Bummelei: Weil die Haftprüfung eines 46-jährigen Mönchengladbachers zu lange dauerte, hat der europäische Gerichtshof jetzt Deutschland zu Schadensersatz verurteilt. Der Mann soll 3000 Euro Entschädigung sowie 5650 Euro zur Erstattung für die Gerichtskosten erhalten. Der Mann war im Juli 2002 wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung festgenommen worden.

Das Amtsgericht Mönchengladbach ordnete Untersuchungshaft wegen Verdunklungsgefahr an, weil es die Gefahr sah, der Mann könne in seiner Wohnung beweiskräftige Unterlagen vernichten. Wie sein Verteidiger Daniel Hagmann gestern sagte, habe die Haftprüfung zwei Monate und 22 Tage gedauert.

Weil der Mann so lange in U-Haft saß, habe Deutschland gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, so das Urteil der Straßburger Richter. Der 46-jährige Mönchengladbacher, der als Handelsvertreter für mehrere Firmen tätig war, soll 440000 Euro Steuern hinterzogen haben. Dafür wurde er im März 2005 zu einer 20-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Auch in der Generalstaatsanwaltschaft selbst scheint nach wie vor nicht klar, welche weiteren Fälle die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach zu langsam bearbeitet haben soll. Auf Nachfrage der RP, welche Vorkommnisse Generalstaatsanwalt Gregor Steinforth gemeint haben könnte, gab es gestern keine Antworten.

Steinforth war Freitag nach RP-Informationen in Mönchengladbach, um mit dem wegen des Falls des mutmaßlichen Kinderschänders versetzten Heinrich Franzen zu sprechen. Unterdessen bekam Franzen Schützenhilfe von der Gewerkschaft Verdi und vom Bund der Richter und Staatsanwälte in NRW. "Die verschiedenen Fälle treffen nicht in erster Linie die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach”, schreibt deren Vorsitzender Reiner Lindemann. Es gebe vielmehr Hinweise auf Verzögerungen auch bei anderen Justizstellen.

Geklärt ist derweil eine Personalie: Kommissarischer Nachfolger von Heinrich Franzen als Leiter der Staatsanwaltschaft ist Emil Brachthäuser. Brachthäuser, der schon an der Untersuchung in Mönchengladbach beteiligt war und seinen Sommerurlaub abbrach, wird am Montag seinen Dienst in Mönchengladbach antreten.

Der 54-Jährige war zuletzt Referatsleiter im NRW-Justizministerium und unter anderem für Korruptions- und Datenschutzfälle verantwortlich. Zuvor hatte er als Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft gearbeitet ­ also jener Behörde, die die Vorfälle in Mönchengladbach aufzuklären hat.

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