Kaninchenzüchter aus Mönchengladbach Mein Opa, der alte Hase

Dietrich Waldow kümmert sich seit 50 Jahren um seine Tiere. Bevor er aufhört, gibt der Mönchengladbacher das Wissen an seine Enkelin weiter. Doch sie ist eine Ausnahme - Jugendliche interessieren sich kaum noch für Kaninchenzucht.

 Ramona Waldhausen (25) mit einem Zwergwidder und ihr Großvater Dietrich Waldow (82), der ein Alaska-Kaninchen in den Händen hält.

Ramona Waldhausen (25) mit einem Zwergwidder und ihr Großvater Dietrich Waldow (82), der ein Alaska-Kaninchen in den Händen hält.

Foto: Detlef Ilgner

Das Alaska-Kaninchen hat den unpassendsten Namen der Welt. Es ist völlig schwarz. Findet Dietrich Waldow auch nur ein weißes Haar, dann zieht er es heraus. Denn wenn die Preisrichter das weiße Haar sehen, ziehen sie Punkte ab. Das kann der Mönchengladbacher sich nicht erlauben. Der Name Waldow hat Klang unter Kaninchenzüchtern. Fünf Mal Landesmeister im Rheinland. 1993 Bundessieger in Essen. Waldow ist 82, er muss manchmal länger nachdenken, aber solche Dinge weiß er sofort.

Waldow war schon ein erwachsener Mann, als ihn ein Fußball-Freund mit zu einer Kaninchenausstellung nahm. Schon war es um ihn geschehen. Warum genau, das kann er wie viele Menschen, die eine Leidenschaft hegen, nur unzureichend begründen. Er spricht von Tierliebe, vom Fell, von der Form, aber Fell und Form haben auch andere Tiere - der Rest ist, was man nicht beschreiben kann.

Zu Beginn züchtete er noch weiße Kaninchen. Sein Sohn stieg ein, doch als der zur Bundeswehr musste, hatte er keine Zeit mehr. Sein Vater übernahm die Alaska-Kaninchen. Der Sohn beschäftigt sich heute lieber mit Pferden und Treckern. Waldow aber züchtete weiter, jeden Tag nach der Arbeit verbrachte er ein bis drei Stunden Zeit mit den Alaska-Kaninchen. Sie gelten als ruhig. Ruhiger als Waldow, der im Fußballstadion gerne mal aufspringt.

Viele Jahre sollten vergehen, bis er jemanden finden würde, dem er sein Wissen überlassen konnte: Ramona Waldhausen, seine Enkelin. Doch sie ist eine Ausnahme. Zwar steht auf der Webseite des Zentralverbands Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter (ZDRK) "Rassekaninchenzucht - Brücke der Generationen".

Aber der Verband hat mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Knapp 118.000 Mitglieder hat er noch. Pro Jahr schrumpft die Zahl um 3000 bis 5000 Mitglieder. Im Landesverband Rheinland sind es noch knapp 2600, darunter 180 Kinder und Jugendliche.

Ganz früher waren Kaninchen noch wichtig, damit überhaupt mal Fleisch auf den Tisch kam, heute ist es reines Hobby. "Jugendliche haben ein riesengroßes Freizeitangebot", sagt Wolfgang Elias, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im ZDRK, "viele hören in der Pubertät auf." Andere Mitglieder sterben oder werden zu alt, Vereine lösen sich auf.

Dabei sieht Elias viele Vorteile in der Zucht. Kinder lernen früh, Verantwortung zu übernehmen. Für Erwachsene ist das Hobby ein Ausgleich zum stressigen Beruf. Altes Brot muss nicht mehr in den Müll. Der Verband wirbt in Schulen und Kindergärten, kämpft mit seinem angestaubten Image. Eines, das auch teilweise selbstverschuldet ist.

Im Präsidium sitzt genau eine Frau - die ist zuständig für die Handarbeits- und Kreativgruppen, in denen Frauen aus Kaninchenfell und Angorawolle Decken und Kissen machen. Wenn Mitglieder davon reden, Kaninchen "dem Verzehr zuzuführen", ist das keine Sprache, die junge Leute anspricht.

Drei Mitglieder hatte Waldows Verein noch, als der Klub sich auflöste. Er kam beim R187 Giesenkirchen unter, das R steht für Rheinland. "Es wird immer weniger, da kannst du dich auf den Kopf stellen", sagt er. Der beste Weg, Nachwuchs für die Zucht zu begeistern, ist es immer noch, es ihnen vorzuleben. "Bei mir hat es angefangen, weil Opa das mit so viel Hingabe machte", sagt Ramona Waldhausen, 25. Sie wuchs ein paar Häuser weiter auf, begleitete die Großeltern früh auf Ausstellungen und fing in ihrer Jugend selbst an zu züchten. "Ich wollte auf den Ausstellungen nicht immer sagen: Die sind von Opa."

Doch sie hatte von klein auf auch ein Pferd, musste Abi und Ausbildung schaffen - und hatte keine Zeit mehr für die Kaninchen. Im Gegensatz zu ihrem Vater kehrte sie aber zurück. Sie ist verheiratet, Mutter einer kleinen Tochter, hat mittlerweile neben dem Pferd noch vier Ponys. Aber als sie häufiger die Urlaubsvertretung für Opa machte, bekam sie wieder Lust.

Noch wachsen die Kaninchen im Stall des Großvaters auf. Sie wohnt fünf Autominuten entfernt, aber wenn sie nach der Arbeit nach den Tieren sieht, hat Dietrich Waldow diese häufig schon gefüttert. Weil er auf feste Uhrzeiten schwört. Fährt er in den Urlaub, erklärt er ihr Tage vorher, wie die Tiere gefüttert werden müssen. "Und wenn er dann weg ist, liegt ein Zettel im Stall", sagt Waldhausen. Sie lernt von ihm, wie man die Krallen schneidet, wie Kaninchen für Preisrichter sitzen müssen, wie schwer sie sein dürfen. Jede der knapp 100 Rassen hat eigene Schönheitsideale, die sich alle paar Jahre ändern.

Ramona Waldhausen sagt das nicht so offen, aber sie tut das nicht nur für sich, sie tut es auch für ihren Großvater. Früher hatte er 60 Tiere, mittlerweile sind es knapp 15. Fährt Waldow zu Ausstellungen, sitzt mittlerweile seine 79-jährige Frau am Steuer. Dass Ramona Waldhausen ebenfalls ihre Tiere ausstellen möchte, hat auch damit zu tun, dass ihre Großeltern dann nicht alleine fahren.

Um Kaninchen muss man sich täglich kümmern, sie füttern, sie rausnehmen, damit sie später mal keine Angst haben, wenn der Preisrichter sie anfasst. Das ist viel Arbeit. Waldhausen kann sich vorstellen, die Ställe irgendwann in den eigenen Garten zu setzen. Waldow sagt: "Wir möchten nicht ohne Kaninchen sein." Waldhausen ergänzt: "Solange Oma und Opa da sind, bleiben die Kaninchen bei ihnen."

Kaninchen, die über Hindernisse springen

Kanin-Hop Bei dieser Sportart geht es nicht ums Aussehen der Kaninchen, sondern um ihre Sprungqualitäten. Dazu müssen sie einen Parcours bewältigen, der wie jener für Springpferde aussieht - bloß im Miniaturformat.

Hindernisse Die Anfängerklasse beginnt mit fünf Hindernissen von 15 Zentimeter Höhe. In der schwierigsten Klasse sind sie bis zu 45 Zentimeter hoch. Die Tiere springen mit Leine und Geschirr oder ohne. Ein Parcours besteht aus mindestens acht Hindernissen,

Herkunft Der Sport kommt aus Skandinavien und ist in Deutschland noch relativ neu. Ziel des Sports ist es, die Tiere zu beschäftigen. Er eignet sich besonders, um Kinder mit Kaninchen vertraut zu machen.

(seda)
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