Mönchengladbach Kapellmann - ein Architekt des Baurechts

Mönchengladbach · Es gibt kaum ein Großprojekt in Deutschland, bei dem die Mönchengladbacher Kanzlei Kapellmann nicht beratend tätig ist. Gegründet wurde sie 1974 von Prof. Klaus Kapellmann als Einzelanwalt. Heute wird er 75.

Mönchengladbach: Kapellmann - ein Architekt des Baurechts
Foto: Ilgner Detlef

Mord und Totschlag - das sind Strafverfahren, die Menschen besonders bewegen. Im Strafrecht lagen auch die Anfänge eines Mönchengladbachers, der weit über die Grenzen der Stadt hinaus eine Erfolgsgeschichte schrieb: Am 1. März 1974 eröffnete Prof. Klaus Kapellmann als Einzelanwalt seine Kanzlei. Damals war er 31 Jahre alt - und hatte da schon eine beachtliche Karriere hinter sich. Einige Jahre zuvor hatte er als jüngster Anwalt in Nordrhein-Westfalen seine Arbeit aufgenommen. Nach kurzer Zeit hatte er einen Namen als Strafverteidiger, doch das Strafrecht war sein Metier nicht.

"Beim Strafrecht habe ich immer mehr gemerkt: Wenn die Akte zum Rechtsanwalt kommt, wenn es zum Prozess kommt, dann ist der Großteil der Arbeit bereits getan. Deshalb wurde Strafrecht für mich unglaublich langweilig", sagt Kapellmann und nennt ein Beispiel: Er habe einmal einen jungen Mann verteidigt, der wegen Mordes und Raubes angeklagt gewesen sei. Der Staatsanwalt forderte in seinem Plädoyer sieben Jahre Haft. "Ich habe auf Totschlag und Unterschlagung plädiert. Der Richter hat mir zwar Recht gegeben, ihn aber trotzdem zu sieben Jahren verurteilt."

Der junge Jurist beobachtete genau, welcher Bereich das meiste Streitpotenzial barg: "Bauprozesse waren immer die größten Streitfälle vor Gericht. Deshalb habe ich mir gesagt: Dann mache ich eben Baurecht." Im Selbststudium habe er sich eineinhalb Jahre lang alles dazu angeeignet. Ein kluger Schachzug - und die Basis für den Erfolg. Die Kanzlei - oder Praxis, wie sie der Gründer nennt - zählt inzwischen 130 Rechtsanwälte, 51 als Partner, 18 Honorarprofessoren, hat insgesamt mehr als 300 Mitarbeiter an sechs Standorten in Deutschland und einem EU-Büro in Brüssel.

"Ein großer Erfolg und der Durchbruch für meine Praxis war die wissenschaftliche Arbeit gemeinsam mit einem Baubetriebler", sagt Kapellmann. Denn: "Ingenieure und Juristen leben auf zwei Planeten." Das Buch "Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag" war ein Riesenerfolg und ist inzwischen in der siebten Auflage erschienen. Es war für ihn genau die kreative Arbeit, die ihm lag. Anfang der 1990er Jahre fing die Kanzlei mit Stammsitz in Gladbach an, systematisch zum Baurecht zu beraten. Daraus entwickelte sich die Marke JurProM. "Wir erkennen vorausschauend alle projektrechtsrelevanten Probleme und erarbeiten entsprechende Lösungen."

Ob Berliner Flughafen, Tunnellose bei Stuttgart 21, der Bau der Europäischen Zentralbank, der Airport Düsseldorf, Beratung von Kommunen, Landesbehörden oder im Gesundheitswesen im Vergaberecht, Kartellrecht, EU-Beihilferecht oder das große Thema Compliance ("Unsere Leute haben Vorstände zu Fall gebracht") - die Kanzlei Kapellmann ist dabei. Die Liste ließe sich noch weit verlängern.

Probleme bei Bauprojekten folgten oft einem Muster, sagt Kapellmann. "Es gibt einen Störungstatbestand, den ich nicht ändern kann. Aber ich kann ein Szenario entwickeln, wie man juristisch mit der Störung umgeht. Es gibt immer Unvorhergesehenes." Bei großen, sich lange hinziehenden Projekten sei es meist baumkuchenartig: "Nach sieben Schichten hat der Auftraggeber vergessen, was er in der ersten gemacht hat." Oder das Beispiel Elbphilharmonie: "Die erste Schätzung lag bei 77 Millionen Euro. Das konnte nicht mal für die statische Ertüchtigung des alten Speicherbauwerks, auf dem die Elbphilharmonie errichtet wurde, reichen."

Aus dem aktiven Geschäft hat sich Klaus Kapellmann inzwischen zurückgezogen. Heute wird er 75 Jahre alt. "Ich hätte weitermachen können, aber das wollte ich nicht. Ich schaue mit Stolz und Freude auf dieses Unternehmen", sagt er. "Ich war 36 Jahre lang die Leitfigur." Er weiß aber auch: Ein Wechsel in der Unternehmensleitung, der nicht rechtzeitig geschehe, sei die größte Gefahr für ein mittleres Unternehmen. "Wenn man aufhört, muss man ganz raus. Ich habe hier nichts mehr zu sagen." Im Büro ist er aber noch jeden Tag, , "kümmere mich nur noch um meine alten Fälle und arbeite wissenschaftlich".Seine Spuren hat er aber nicht nur hinterlassen, sie werden weitergeführt - etwa von Professor Heiko Fuchs, dessen Mentor Kapellmann einst war. "Bei uns übernehmen junge Anwälte begleitet von einem Mentor sofort Verantwortung", sagt der Kanzleigründer. "Es war immer eines meiner Ziele, junge Leute so weit zu fördern, wie es nur geht. Fördern, fördern, fördern."

Verblüffend: auch die Konjunktur schlägt sich in der Arbeit der Kanzlei nieder: "Derzeit werden unsere Dienste mehr baubegleitend gefragt, nicht in Prozesse. Daran merken wir die gute Konjunktur", sagt Heiko Fuchs. "Erst wenn die Konjunktur erlahmt, wird wieder mehr gestritten und weniger gebaut."

(RP)
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