Serie Karneval ungeschminkt (6) Jecke Gala aus dem Blickwinkel einer Toilettenfrau

Mönchengladbach · Altenpflegerin Denise Baudendistel hält die sanitären Anlagen in der Eickener Festhalle bei einer Karnevalssitzung in Schuss. Die Toilettendame mag ihren Job und räumt mit Vorurteilen auf.

 Während der Galasitzung in der Eickener Festhalle hatte Denise Baudendistel es zeitweilig ziemlich ruhig am stillen Örtchen. Statt im Saal das jecke Programm zu verfolgen, musste sie ihren Dienst als Klofrau versehen.

Während der Galasitzung in der Eickener Festhalle hatte Denise Baudendistel es zeitweilig ziemlich ruhig am stillen Örtchen. Statt im Saal das jecke Programm zu verfolgen, musste sie ihren Dienst als Klofrau versehen.

Foto: Detlef Ilgner

Von den Karnevalssitzungen, die sich im großen Saal der Eickener Festhalle abspielen, bekommt Denise Baudendistel nur wenig mit — langweilig wird ihr im Untergeschoss der Halle in diesen Tagen aber trotzdem nicht, schließlich hat sie dort ihr ganz eigenes Unterhaltungsprogramm. Vom großen Spiegel an der Wand wie magnetisch angezogen rücken Cowboys ihren Hut zurecht, vorbeikommende Marienkäfer ziehen ihren Lidstrich nach und Teufel richten ihre Hörner neu.

Von ihrem Platz aus vor dem Eingang zum stillen Örtchen der Festhalle, eingerichtet mit Stuhl und Tischchen, erlebt Baudendistel so einiges, über das sie sich teilweise köstlich amüsieren kann. "Hier vor dem großen Spiegel bleiben sehr viele stehen. Nicht nur die Frauen, sondern auch Männer werfen noch einen Blick in den Spiegel, bevor sie wieder hoch in den Saal gehen", erzählt Baudendistel, die an den jecken Tagen für Sauberkeit und Ordnung in den Toiletten sorgt.

Und sie räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: "Zu späterer Stunde sehen die Kabinen nicht mehr so toll aus, aber das ist bei den Frauen und den Männern das Gleiche. Es ist nicht so, dass entweder die Männer oder die Frauen da schlimmer sind", sagt die 26-Jährige. Aber nicht nur mehr Arbeit bekommt Baudendistel im Lauf des Abends der KG Hau Ruck Eicken, sondern eben auch mehr Unterhaltung. Es wird gesungen, getänzelt und immer wieder mit der Gladbacherin ein Gespräch begonnen. "Je später der Abend, desto mehr Leute bleiben hier bei mir stehen. Aber das ist es auch, warum ich es gern mache. Die Stimmung unter den Gästen ist besonders ausgelassen und gut. Und teilweise haben mich die Leute sogar wiedererkannt und sich daran erinnert, dass ich schon mal hier war", erzählt sie.

Das waren dann wohl die Jecken mit einem besonders guten Gedächtnis. Im Vorjahr war die 26-Jährige, die sonst in der ambulanten Altenpflege tätig ist und sich für die Sitzungstage extra frei nimmt, nämlich hochschwanger und daher nicht einsatzfähig. Neben dem Wiedersehen mit altbekannten Karnevalisten ist es für sie in der Festhalle aber auch ein kleines Familientreffen, denn ihre Cousine und Tante schlängeln sich eine Etage höher kellnernd durch den Saal. "Allgemein ist es so, dass man sich hier mittlerweile kennt und trifft. Das ist dann auch immer schön", sagt sie.

Schön, aber vor allem interessant ist es für sie auch, dass sie von ihrem Platz aus auch einen kleinen Einblick in die Garderobe der Künstler und Musiker erhält, die im Raum gegenüber dem stillen Örtchen eingerichtet ist. "Da geht es zwischenzeitlich echt hektisch zu. Wenn die Künstler spät dran sind oder nach ihrem Auftritt schnell wieder weg müssen, wird das Kostüm teilweise noch im Gehen zurechtgezupft. Und die Aufregung, bevor sie auf die Bühne müssen, ist ihnen auch oft anzumerken. Manche machen dann lieber die Türe zu, um noch ein bisschen ungestört zu sein."

Nagelschere und Nähzeug für's nächste Jahr

Über eines ärgert sich Denise Baudendistel aber auch, das sie sich bei ihrem ersten Einsatz in Eicken fest vorgenommen hatte, aber nun doch wieder vergessen hat: "Eigentlich wollte ich ein paar Utensilien für die Frauen mitnehmen und mir hierhin stellen. Ich werde nämlich häufig nach Dingen wie Deo, Nagelschere, Nähzeug für den Fall, dass mal ein Kostüm den Abend nicht übersteht, oder Hygieneartikeln gefragt. Daran muss ich beim nächsten Mal unbedingt denken", sagt sie. Somit könnte Eickens Toilettendame im nächsten Jahr das Unterhaltungsprogramm noch durch Hilfsleistungen ihrerseits ergänzen.

(rost)
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