Mönchengladbach Katholischen Gemeinden gehen die Priester aus

Mönchengladbach · Nach dem Abschied der Pfarrer Karl Heinz Graff und Guido Fluthgraf sind zwei Stellen in Gladbachs Pfarren vakant. Laut Regionaldekan Ulrich Clancett werden andere Modelle der Gemeindeleitung erprobt.

Vor 50 Jahren gab es auf dem Gebiet von Mönchengladbach und Rheydt rund 40 katholische Pfarren mit eigener Kirche und eigenem Pfarrer. Noch in den 1960er-Jahren wurden Gotteshäuser neu gebaut wie beispielsweise St. Michael in Odenkirchen. Heute werden Kirchen umgewidmet, Gemeinden zusammengelegt, und selbst für die nun noch vorhandenen 17 Pfarren gibt es nicht genug Priester. Gerade wurden wieder zwei Stellen vakant: In Lürrip, weil Pfarrer Karl Heinz Graff in den Ruhestand trat. In Giesenkirchen, weil Pfarrer Guido Fluthgraf nach gemeindeinternen Streitigkeiten auf eigenen Wunsch entpflichtet wurde. Den Mönchengladbacher Katholiken gehen langsam die Seelsorger aus.

Beim Blick auf die gegenwärtige Situation verbreitet Regionaldekan Ulrich Clancett aber dennoch Gelassenheit. Einerseits, weil er sie historisch einordnet. "Ursprünglich umfasste beispielsweise die Hauptpfarre ein riesiges Gebiet", erklärt er. "Nur in einem eigentlich recht kleinen Zeitfenster von etwa hundert Jahren gab es so viele Pfarrstellen." Aber das ist natürlich für die Gemeinden, in denen die Pfarrer fehlen, ein schwacher Trost. Es werde selbstverständlich auf Bistumsebene nach geeigneten Kandidaten für die Nachfolge in Giesenkirchen oder auch in Lürrip gesucht, sagt der Regionaldekan. Aber schließlich müssten persönliche Schwerpunkte und Fähigkeiten auch zu den Anforderungen der Pfarrstelle passen. Nicht jeden Theologen interessieren zum Beispiel die administrativen Aufgaben, die mit der Tätigkeit als Gemeindepfarrer verbunden sind. Manche sind deshalb lieber in Spezialbereichen der Seelsorge wie der Notfallseelsorge, der Militär- oder Gefangenenseelsorge aktiv.

Insgesamt sieht Ulrich Clancett, der selbst als Pfarrer in Jüchen tätig ist, unvermeidliche Veränderungen im Leben der Gemeinden. "Kirchliches Leben vor Ort kann nur durch die Menschen dort gelingen", betont er. "Kein Pfarrer kann das garantieren, nur die Menschen vor Ort." Also sind die Ehrenamtler gefragt. Außerdem werden andere Modelle der Gemeindeleitung erprobt, Pfarrer im Ruhestand wieder in die Arbeit eingebunden sowie Pastoral- und Gemeindereferenten eingesetzt, um den Priestermangel auszugleichen. Auch die ökumenische Zusammenarbeit mit evangelischen und orthodoxen Nachbargemeinden hilft, die Angebote aufrechtzuerhalten und die christliche Perspektive in die säkularisierte Gesellschaft einzubringen.

Die Art der Bindung an die Kirche ändere sich, meint Clancett. Die Zeit der Pfarrfamilie, der Pfarrfeste, der grundsätzlichen Beheimatung in der Gemeinde sei vorüber. "Wir müssen einerseits auf kleine Initiativen wie Gebetskreise schauen, die ohne Seelsorger auskommen", sagt er, "und diese Zellen besser stützen." Andererseits müsse man sich aber auch der Frage stellen, was die Menschen wirklich wollen und brauchen. "Die Notfallseelsorge hat sich in den letzten zwanzig Jahren enorm entwickelt. Der Bedarf ist groß und auch konfessions- und religionsübergreifend", erklärt er.

Ein sich rasant entwickelndes Feld sei die Internetseelsorge. "Das ist ein großer Komplex", sagt Clancett. Die Internetseelsorge ist einerseits notwendig, weil der Seelsorger vor Ort fehlt, andererseits aber auch ein Zugang für jene, die keine Bindung an eine Gemeinde haben oder spirituell auf der Suche sind. "Wir müssen uns als Kirche immer neuen Fragen stellen, die Zeichen der Zeit erkennen und im Licht der Frohen Botschaft deuten", erklärt der Regionaldekan.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort