Mönchengladbach Kirche und Karikatur: Mit Humor gegen Teufel und Melancholie

Mönchengladbach · In der Rheydter Hauptkirche bestücken RP-Karikaturist Nik Ebert und der Schweizer Theologe Albert de Pury die Ausstellung "Kirche und Karikatur".

 Pfarrer Stephan Dedring neben einer Karikatur von Nik Ebert. Sie zeigt eine Kirche auf der Arche Noah.

Pfarrer Stephan Dedring neben einer Karikatur von Nik Ebert. Sie zeigt eine Kirche auf der Arche Noah.

Foto: Jörg Knappe

Zwei Gotteshäuser stehen einander gegenüber und vermögen kaum die Menge der Kirchgänger zu fassen. Über eine Sprechblase raunt das eine dem anderen zu: "Kleinere Mengen über das Jahr verteilt wären gesünder." Am 24. Dezember 2012 hat RP-Karikaturist Nik Ebert so mit spitzer Feder und doppelsinnigem Titel das alle Jahre wieder bei Protestanten und Katholiken zu beobachtende "Weihnachtliche Völlegefühl" kommentiert. Von Ebert ist ebenso die Zeichnung mit dem in der Arche auf weitem Meer trostlos dahindümpelnden Kirchengebäude. Die beiden Blätter sind Teil der Ausstellung "Kirche und Karikatur" in der Hauptkirche Rheydt und eingebunden in den Veranstaltungsreigen zum Reformationsjahr.

Arbeiten von Albert de Pury ergänzen die Schau im Chorraum um die Sicht des Theologen, der in spontan anmutender Zeichnung auf Entwicklungen in Kirche und Glauben reagiert. Mit Ironie und Satire zeigt der Autor und Herausgeber wissenschaftlicher Bücher und Aufsätze zum Alten Testament, dass er ebenso gegenwärtige Entwicklungen im Auge behält - durchaus auch selbstkritisch im Blick auf geistliche Autoritäten. So lässt de Pury etwa einen Prediger kategorisch zürnen: "Hier wird nicht diskutiert, hier wird geglaubt." Köstlich hintergründig ist sein Familienporträt mit obersten Würdenträgern der verschiedensten Religionen. Die Karikatur zur Rezeption im "Hause Gottes" zeigt, wie zum Erstaunen des himmlischen Empfangschefs Bischof, Jude und Moslem getrennte Zimmer wünschen.

Kirche und Karikatur sind keine unvereinbaren Gegensätze - auch nicht im Gotteshaus. Das betonte Pfarrer Stephan Dedring, der offenbar im Vorfeld der Ausstellung hier und da Erstaunen angesichts des Themas beobachtet hatte. Der Geistliche eröffnete die Ausstellung mit einer facettenreichen Einführung, die Martin Luthers Einstellung zu Humor und Spott, aktuelle Fragen zum karikierenden Umgang mit Religionen und juristische Formulierungen zur Strafbarkeit von verletzenden Karikaturen thematisierte. Mit Verweisen auf den Reformer stellte Dedring den Humor als die Kraft vor, die heilsame Distanz zum Selbst schafft, damit vor Narzissmus sowie "Verkrümmung" ins Selbst bewahrt und mit Luther Teufel und Melancholie vertreibt. Der Geistliche erzählte vom "Osterlachen", mit dem zu Zeiten der alten Kirche der Tod verlacht wurde. Er stellte fest, dass Toleranz auch Spott vertragen kann und muss. "Guter Spott muss gut belegt sein", sagte Dedring mit Blick auf Grenzen, die Geschmack und Respekt gebieten. Zu den Beiträgen der Karikaturisten de Pury und Ebert sagte er: "Ich habe Freude an den Arbeiten. Sie lassen uns lachen gegen Teufel und Melancholie."

(anw)
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