Mönchengladbach Kita-Platz für Freddy verzweifelt gesucht

Mönchengladbach · Seit fast vier Monaten braucht Jörn Nießen einen Betreuungsplatz für seinen Sohn mit Förderbedarf, der seit Oktober bei ihm lebt. Er ist auf Hilfe von Großeltern und einer Freundin angewiesen. Jetzt verspricht die Stadt doch schnelle Hilfe.

 Elektriker Jörn Nießen beim Spielen mit seinem Sohn.

Elektriker Jörn Nießen beim Spielen mit seinem Sohn.

Foto: Raupold

Freddy läuft durch sein Kinderzimmer, zeigt seine Lieblingsspielzeuge. Stoffpferd Puschel, seine Holzeisenbahn, die Spielzeug-Werkbank, in der jedes Plastik-Werkzeug fehlt. "Er nimmt inzwischen lieber meine echten", sagt Papa Jörn Nießen, der eigentlich als Elektriker arbeitet. Im Moment ist er aber auch hauptberuflich Alleinerziehender. Seit Monaten wartet er auf einen Platz in einer Kita in Mönchengladbach für seinen fünfjährigen Sohn - bisher aber vergebens. "Wir stehen auf einer Warteliste, weil alle Plätze, auch die Notplätze, vergeben sind", sagt Nießen. "Wann wir einen Platz bekommen können, hat man uns bisher nicht sagen können."

Dabei ist die Not durchaus groß. Jörn Nießen hat seinen Sohn im Oktober von seiner getrennt lebenden Frau aus Neuss nach Mönchengladbach geholt. Sofort suchte er nach einem Platz im Kita-Navigator und bei den Mitarbeitern im Fachbereich Kinder, Jugend und Familie. Schließlich ist er berufstätig, arbeitet von früh morgens bis zum Nachmittag. "Ich brauche einen Platz für 45 Stunden", sagt Nießen. Doch das einzige, was die Mitarbeiter ihm bisher anbieten konnten, war ein 25-Stunden-Platz. "Der hilft mir kaum weiter." Die Empfehlung, sich an Tagesmütter zu wenden, ging ebenfalls ins Leere: "Entweder hatten sie keinen Platz frei oder wollten kein fünfjähriges Kind mehr aufnehmen", sagt Nießen.

In den vergangenen Monaten war er eine Zeit lang krank, die Großeltern und eine Freundin übernahmen die Betreuung. Doch so kann es kaum weitergehen, bis der Junge in die Schule gehen soll. "Er hat laut Ärzten aus Neuss auch einen gewissen Förderbedarf, für ihn ist es besonders wichtig, unter Kindern zu sein", sagt Jörn Nießen. Zu Hause ist es zwar schön, das sagt der Kleine selbst. Aber Rutsche, Schaukel und Klettergerüst in einer Kita vermisse er doch sehr. "Supertraurig", sagt er, sei der Moment gewesen, als er sich in Neuss von der dortigen Kita verabschieden musste. Und wuselt bei den Worten wie ein Wirbelwind durch sein Kinderzimmer. "Er macht sehr gerne Unsinn, und in letzter Zeit ist es extremer geworden", sagt sein Vater.

Es gibt dringenden zusätzlichen Bedarf an Betreuungsplätzen in Mönchengladbach, darüber sind sich die Experten einig. "Wir brauchen noch mehr Kitaplätze", sagte die zuständige Dezernentin Dörte Schall unlängst im Gespräch mit unserer Redaktion. Dabei liege die Versorgungsquote bei 96 bis 98 Prozent bei den Drei- bis Sechsjährigen. Eigentlich ist das nicht schlecht, weil auch nicht alle Eltern einen Betreuungsplatz wünschen. Wie hoch der zusätzliche Bedarf ist, wird derzeit ermittelt.

Alle Träger von Kindertagesstätten vergeben ihre zum 1. August freiwerdenden Plätze in den kommenden Wochen, erst danach werden die Wartelisten eine Aussagekraft haben, heißt es seitens der Stadt. Derzeit seien viele Kinder noch bei mehreren Kitas angemeldet. Die Plätze auf den Wartelisten würden bei den städtischen Einrichtungen anhand sozialer Gründe, Härtefallkonstellationen sowie der Berufstätigkeit der Eltern verteilt.

Das hilft Familie Nießen kurzfristig allerdings nicht - sie sind einer der Härtefälle, die ihren Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz sogar einklagen könnten. Das hat bisher niemand getan, versicherte die Stadt. Und teilte außerdem auf Anfrage unserer Redaktion mit: "Aufgrund des Alters des schon fünfjährigen Sohnes von Jörn Nießen sieht auch der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie eine besondere Dringlichkeit hinsichtlich einer kurzfristigen Vermittlung eines Kindergartenplatzes", heißt es aus dem zuständigen Fachbereich. "Es wird zugesichert, in den nächsten Tagen einen geeigneten Kita-Platz zu benennen und mit Herrn Nießen Kontakt aufzunehmen."

Dass sein Sohn schon im Sommer dieses Jahres zur Schule wird gehen können, daran glaubt Jörn Nießen nicht: "Er soll noch ein Jahr in der Kita gefördert werden."

(RP)
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