Mönchengladbach Kitchentalk mit Fallhöhe

Mönchengladbach · Bei der 40. Auflage in der Kulturküche gab es mit Borussias Co-Trainern Frank Geideck und Dirk Bremser Amüsantes, aber auch Schwermütiges: den Freitod von Robert Enke 2009.

 Borussias Co-Trainer Frank Geideck und Dirk Bremser beantworteten die Fragen von Torsten "Knippi" Knippertz (von links).

Borussias Co-Trainer Frank Geideck und Dirk Bremser beantworteten die Fragen von Torsten "Knippi" Knippertz (von links).

Foto: Georg Amend

Lacher, Applaus und mitfühlendes Schweigen - die Nummer 40 des "Kitchentalk" von Torsten "Knippi" Knippertz in der Kulturküche bot eine breite Palette. Als Gäste begrüßte Borussias Stadionsprecher diesmal die Co-Trainer des Fußball-Bundesligisten, Frank Geideck und Dirk Bremser, deren Rollen klar verteilt schienen: Da der trockene Ostwestfale Geideck, hier der humorige Ruhrstädter Bremser. Am Ende stand es aber Unentschieden in Sachen Unterhaltungswert.

Zunächst mussten die Gäste einen "halbwahren Lebenslauf" verlesen, so dass Geideck etwas widerwillig, den Satz: "Ich bin der lebende Beweis, dass es Bielefeld wirklich gibt", vortragen musste. Er konterte stoisch: "Das ist so der Witz, den man als Bielefelder immer wieder gern hört." Und Bremser sagte auf Knippertz' Frage, ob er sich die meisten Stationen nach Leckereien - Aachener Printen, Lübecker Marzipan, Bochumer Currywurst - ausgesucht habe: "Dann hätte ich in Bochum bleiben müssen. Die Currywurst da - da kommt keine ran."

Aus diesem netten, aber noch etwas flachem Start entwickelte sich ein Gespräch mit großer Fallhöhe. So erfuhren die Zuschauer zunächst Wissenswertes, etwa, dass Geideck strenger wirkt als er es will: "Wenn ich normal schaue, wirke ich abweisend. Das wird auch meiner zwölfjährigen Tochter vorgeworfen. Die guckt halt wie ihr Vater." Bremser wiederum sehe sich "zu 100 Prozent als Co-Trainer", weil er nicht in der ersten Reihe stehen und noch mit Spielern scherzen wolle. Dieter Hecking habe er zu seiner Zeit in Lübeck den dortigen Vereinsverantwortlichen übrigens als Trainer vorgeschlagen - nun gehen sie seit 17 Jahren einen gemeinsamen Weg, seit rund 13 Monaten bei Borussia.

Zuvor hatten sie unter anderem bei Hannover 96 gearbeitet - wo sich Nationaltorwart Robert Enke am 10. November 2009 das Leben nahm. Während Hecking da bereits als Trainer zurückgetreten war, erlebte Bremser den Suizid noch voll mit. "Das waren schwere Zeiten", sagte der 52-Jährige. "Man kann sich nicht vorstellen, was da mit einer Mannschaft, mit den Menschen passiert. Was da alles reinspielt, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Der ganze Verein hat da ein Jahr mit zu tun gehabt, dass ein Mannschaftskollege und sehr, sehr guter Freund von uns gegangen ist." Für seine Trainertätigkeit habe ihn das geprägt, berichtete Bremser. "Mit den Vereinsverantwortlichen war ich gefordert, die Spieler zu unterstützen. Wenn heute noch Spieler anrufen, um Rat fragen und sagen: ,Es war eine schwere Zeit, aber ihr habt uns geholfen', dann ist das das größte Lob für mich."

Knippertz gelang es einfühlsam, den "Kitchentalk" wieder auf ein leichteres Level zu bringen. Zunächst ging es noch um den gestiegenen Druck durch die Sozialen Medien, wozu Geideck sagte: "Die Spieler müssen viel aushalten, Beschimpfungen und so weiter. Sie können heute keine Ecken und Kanten mehr haben - und wenn, werden sie ruckzuck abgeschliffen. Sie stehen ständig unter Beobachtung. Aber vielleicht ist das ein Anforderungsprofil für einen Profi und darum verdienen sie auch so viel."

Lockerer wurde es in der Schnellfrage-Runde, bei der Geideck berichtete, sein Lieblingsspieler sei der frühere Borusse Allan Simonsen gewesen: "Ganz ohne zu schleimen", sagte er. Und auf die Frage, was er gerne rückgängig machen würde, antwortete Geideck: "Die Niederlage gegen Köln." Da gab's Applaus. Lacher wieder bei Bremser, als er die Frage vervollständigen musste: "Ich war noch nie in einem. . ." "Oh, Fangfrage. Kloster!". Ebenso bei Geidecks Geständnis, er sei kein Karnevalsjeck, aber "in so mancher Lokalität hier wird man begrüßt - das ist bei uns zu Hause ein unverbindlicher Heiratsantrag". Der endgültige Ausgleich in Sachen Unterhaltungswert gelang dem Bielefelder, als er die Rubrik "Fußball-Übersetzer" für sich entschied: Da wusste er unter anderem die Begriffe "Saccharose-Ausweis" (Zucker-Pass), "Triple-Halsschmuck" (Dreierkette) und "Lebenssaft-Beinspreizung" (Blutgrätsche) zuzuordnen.

(ame)
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