Serie Mein Erstes Auto (12) Kult-Objekt mit Originalteilen von 1969

Mönchengladbach · Vor 28 Jahren angeschafft, steht der hellblaue VW Käfer 1300 mit RY-Kennzeichen heute noch immer in Kai Wolters Garage.

 Früher fuhr Kai Wolter mit seinem Käfer überall hin. Heute sind weite Touren mit dem Oldtimer für ihn tabu. Und auch bei Regen bleibt der Wagen in der Garage. Der Käfer wird gehegt und gepflegt.

Früher fuhr Kai Wolter mit seinem Käfer überall hin. Heute sind weite Touren mit dem Oldtimer für ihn tabu. Und auch bei Regen bleibt der Wagen in der Garage. Der Käfer wird gehegt und gepflegt.

Foto: Isabella Raupold

Vom ersten Moment an war der hellblaue VW Käfer 1300 für Kai Wolter mehr als ein Transportmittel. Der verkaufsfertige Wagen, den er im August 1987 an einer Tankstelle in Rheydt entdeckte, verkörperte für ihn Freiheit. Kai Wolter musste nicht mal den Motor anlassen, um sich von dem Käfer zurück nach Kalifornien bringen zu lassen: an die Pazifikküste, wo lässige Surfer ihre Bretter auf ihre pastellfarbenen VWs schnallten und der perfekten Welle hinterher fuhren - und wo er eben erst ein Jahr als Austauschschüler verbracht hatte. "Der Käfer steht für diesen entspannten Lebensstil", sagt der 46-Jährige. "Er ist ein echtes Liebhaberauto." Kai Wolter hat sich als sehr treuer Liebhaber erwiesen: Den blauen Käfer, Baujahr 1969, den er an der Rheydter Tankstelle entdeckte, besitzt er heute noch.

"Zu fünft sind wir mit dem Wagen kurz nach der Wende nach Berlin gefahren", erinnert sich Kai Wolter - heute wäre das für ihn undenkbar. Höchstens bis nach Düsseldorf und zurück lenkt er den Oldtimer, und das auch nur, wenn es nicht regnet. "Der Käfer ist sehr gepflegt, die Teile sind original. Er hat sogar noch das RY-Nummernschild", erzählt der Rheydter stolz. Schon damals, als seine Eltern ihm das Auto für 2900 D-Mark kauften, sei ihm klar gewesen: "Das möchte ich später als Oldtimer behalten."

Die einzige Vorbesitzerin war eine Seniorin, beim Kilometerstand "45 000" übernahm Kai Wolter. "In den ersten Jahren habe ich damit alles erledigt", sagt er. Mit Freunden in die Disko fuhr er darin, übers Wochenende nach Renesse oder einfach nur zum Einkaufen. Als Kai Wolter einen Studienplatz in Berlin bekam, legte er sich einen "Vernunftwagen" zu und ließ den Käfer bei den Eltern in der Garage. Unter anderem in Frankfurt, London und Dublin arbeitete er als Bankkaufmann, doch etwa alle zwei Wochen reiste er nach Mönchengladbach, um die Eltern zu besuchen und Käfer zu fahren. "Ich hänge einfach an dem Auto", sagt der 46-Jährige, der mittlerweile wieder in der Stadt lebt und einen eigenen Tiefgaragenplatz hat. Dort sind Lack und Technik seines Kultobjektes, das so alt ist wie er selbst, vor Witterungsschäden geschützt. Im Fußraum liegen kleine Orientteppiche, am Armaturenbrett ist eine Vase befestigt, in der eine weiße Plastikrose steckt: Kai Wolter mag es, seinen Käfer zu dekorieren. Als junger Mann hatte er bunte Aufkleber auf die Scheiben gepappt und einen braunen Lederkoffer in den Gepäckträger am Heck geschoben. So hatte er es den Surfern in Kalifornien abgeschaut. Nach dem Ende der DDR besorgte er sich einen "DDR"-Sticker für sein Auto, strich das erste D und das R durch. Besonders pompös, mit duftigem Blumenschmuck, ließ Kai Wolter den Käfer am 20. März 2000 herrichten: An jenem Tag fuhren seine Ehefrau Bettina und er darin zum Standesamt Mönchengladbach und ließen sich trauen. 51 000 Kilometer hat Kai Wolter seit 1987 in dem VW zurückgelegt, langsam wird er sentimental: "Nach 100 000 Kilometern springt die Anzeige wieder auf null um. Dann werde ich sicher eine Träne verdrücken." Vielleicht sollte er sich einfach mit dem Gedanken trösten, dass zugleich die nächsten 100 000 Kilometer Freiheit anbrechen.

(naf)
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