Mönchengladbach Bewegende Video-Performance von Karl Nussbaum

Mönchengladbach · Die Gäste waren berührt von dem Film über Erwin Nussbaum, der 1944 im KZ von den Nazis ermordet wurde.

 Der Künstler Karl Nussbaum neben dem Wetterballon.

Der Künstler Karl Nussbaum neben dem Wetterballon.

Foto: Jörg Knappe

Am Ende war es ganz still. Im dunklen Raum war die einzige Lichtquelle eine flackernde Kerze, die Karl Nussbaum zum Abschluss seiner Performance angezündet hatte. Die vielen Besucher, die in das Maria-Lenssen-Berufskolleg gekommen waren, verharrten auf ihren Stühlen. Als das Licht anging, sah man zahlreiche verweinte Gesichter. Niemand schämte sich seiner Tränen. Die gemeinsame Betroffenheit einte die Menschen, die soeben den Film "8504" des amerikanischen Künstlers erlebt hatten.

8504: Exakt so viele Tage hatte das Leben von Erwin Nussbaum, der als 23-Jähriger am 31. März 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Die Familie Nussbaum stammt aus Rheydt, die Bezüge stellt der Film, der aus historischen Fotos und Filmen zusammengefügt ist, her. Da ist Joseph Goebbels auf dem Balkon des Rheydter Rathauses zu sehen, die Masse auf dem Marktplatz jubelt ihm zu. Das Haus der Nussbaums an der Hauptstraße 51 wird gezeigt, dann die Bilder der Progromnacht am 9. November 1938.

Das Leben, das er nie führte, wird ihm von seinem Neffen geschenkt. Im letzten Drittel des Filmes, der auf einen mit Helium gefüllten Wetterballon projiziert wurde, lernt Erwin Nussbaum eine Frau kennen, die beiden heiraten, bekommen ein Kind, gehen auf Reisen, bauen ein Haus - sind glücklich. Diese Sequenz zeigt der Künstler allerdings auf dem Kopf - ein starker Kontrast, irritierend und unwirklich.

Nach etwas mehr als zehn Minuten endete der Film. Karl Nussbaum sprach die Worte: "Ich bin Erwin Nussbaum, ich bin dein Nachbar, erinnere dich an mich, erzähle meine Geschichte." Dann löste er den Wetterballon, ließ ihn an die Saaldecke steigen, zündete die Kerze an und verschwand im Dunkel des Raumes. Noch einmal hörte man ihn sagen: "Remember me."

Thomas Hoeps, der Karl Nussbaum nach Mönchengladbach eingeladen hatte, hatte schon zu Beginn gesagt, dass der Künstler und er beschlossen hätten, keine Diskussion anschließen zu lassen. Das akzeptierten die Gäste, aber nicht wenige ließen sich noch mit dem Künstler fotografieren. Und einige Schüler des Berufskollegs kamen in ein intensives Gespräch mit Karl Nussbaum. Dieser Auftritt wird unvergesslich bleiben.

(RP)
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