Mönchengladbach Das ganze Leben in einer Ausstellung

Mönchengladbach · Frühe Zeichnungen, Collagen, Computeranimationen und aktuelle multimediale Arbeiten zeigt die belgische Künstlerin Anne-Mie Van Kerckhoven in der Retrospektive "What would I do in Orbit". Sonntag ist Eröffnung im Museum Abteiberg.

 Die belgische Künstlerin Anne-Mie Van Kerckhoven in ihrer Ausstellung im Museum Abteiberg.

Die belgische Künstlerin Anne-Mie Van Kerckhoven in ihrer Ausstellung im Museum Abteiberg.

Foto: Detlef Ilgner

Da ist sich Anne-Mie Van Kerckhoven ganz sicher: "Ich bin als Künstlerin auf die Welt gekommen, aber in meiner Jugend hatten Frauen nichts zu sagen." In ihrer Vorstellung habe sich ihr Leben als Frau eines Künstlers abspielt. "Den hätte ich dann nach Kräften inspiriert." Dass es nicht so kam, verdankt sie - den Männern. "Die wollten nicht von mir inspiriert werden, forderten mich stattdessen auf, selbst etwas zu machen." Und das tat sie. Von Zeichnungen über Drucke und Gemälde bis hin zu multimedialen Arbeiten spannt sich der Bogen ihrer Werke, die in einer großen Retrospektive mit dem Titel "What would I do in Orbit?" ab Sonntag im Museum Abteiberg zu sehen sind. Ihre Themen umfassen eine intensive Selbstreflexion, komplexe interdisziplinäre Theorien, Feminismus, alte Mystik und futuristische Forschungsfelder.

Den großen Raum der Straßenebene hat sie mit Wänden aus unterschiedlichem Material völlig neu gegliedert. Es entstehen Abteilungen, die ihre Arbeiten in zwölf "Kapiteln" zeigen. Neben den sehenswerten Zeichnungen, die Frauenfiguren in meist skurrilen Situationen zeigen, gibt es Collagen, Leuchtkästen, Materialien wie Folien, fluoreszierende Farben, Kopiertechniken und Computeranimationen. Ihr Interesse am Thema Frau ist evident: Etliche Arbeiten beschäftigen sich mit der Art, wie die Frau in den Massenmedien dargestellt wird. Die Sexualität der Frau, ihre Abhängigkeit, ihre Mutterschaft - das sind Anne-Mie Van Kerckhovens Themen.

Geboren wurde die Künstlerin 1951 in Anwerpen. In den 70er Jahren absolvierte sie ein Grafik-Design-Studium. In dieser Zeit war sie Teil der belgischen Underground-Szene und testete in ihren Performances, Zeichnungen, Musik und Texten die Grenzen der aktuellen Kunst. Die Künstlerin und Musikerin unterrichtet an der Koninklijke Academie Voor Schone Kunsten in Gent. Sie war es übrigens, die jenen Niels Coppens, der sein "Kunstlager" im Hotel Oberstadt aufschlug, als Atelier-Stipendiaten empfahl.

Den Titel der Ausstellung "What would I do in Orbit?" hat sie persönlich gewählt. "Es passiert hier - nicht im Kosmos", sagt sie. Und es passiert jetzt. Darüber wachen auch die drei Rachegöttinnen Alecto, Megaera und Tisphone, die grimmig auf die Besucher des Museums hinabschauen. "Die drei kommen auf die Erde, wenn hier etwas schief läuft", sagt Anne-Mie Van Kerckhoven.

Und dann sind da noch ihre drei "Kästen" auf Rollen. Sie erzählt, dass ihr Vater einen Schrank in dieser Art hatte. "Da hat er alles hineingepackt, was ihm wertvoll und wichtig war", erinnert sich die Künstlerin. "Wir durften nie hineinsehen." Ihre eigenen Schränke sind offen, klar strukturiert wie Ikea-Regale und durchaus als Arbeitsplatz zu verwenden. Anne-Mie Van Kerckhoven schaut sich in der Ausstellung um und sagt: "Das ist mein ganzes Leben, das Sie hier sehen!"

Eröffnung: Sonntag, 13. November, 12 Uhr, um 14 Uhr Künstlergespräch. Die Ausstellung ist bis zum 26. Februar 2017 zu sehen.

(RP)
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