Andreas Baesler Und Hermann Feuchter "Dieses Stück von Verdi ist fast perfekt"

Mönchengladbach · Im Vorfeld der Premiere von "Un ballo in maschera" am Theater Mönchengladbach erzählen Regisseur Andreas Baesler und Bühnenbildner Hermann Feuchter Spannendes und Wissenswertes zur Inszenierung von Verdis Melodram.

 Probenfoto vom Maskenball: Regisseur Andreas Baesler hat die Handlung nach Amerika verlegt. Es gehe, so sagt er, um die Befindlichkeit der Menschen, die in einem politischem Getriebe verfangen sind.

Probenfoto vom Maskenball: Regisseur Andreas Baesler hat die Handlung nach Amerika verlegt. Es gehe, so sagt er, um die Befindlichkeit der Menschen, die in einem politischem Getriebe verfangen sind.

Foto: Matthias Stutte

Herr Baesler, wenn das Publikum am 11. September Ihre Inszenierung des Maskenballs sehen wird, in welche Welt wird es eintauchen?

Andreas Baesler Und Hermann Feuchter: "Dieses Stück von Verdi ist fast perfekt"
Foto: Theater

Andreas Baesler Am Anfang steht immer die Frage, welche Fassung man spielt. Es gibt ja die sogenannte Stockholm-Fassung, die Verdi aus Zensurgründen ändern musste. Bei der Uraufführung in Rom wurde die Handlung nach Amerika verlegt, um es für die Europäische Situation politisch unverfänglicher zu machen. Ich habe das Stück vorher noch nie gemacht. Im Gegensatz zu Hermann Feuchter - es ist schon sein dritter Maskenball. Bei der Vorbereitung habe ich gedacht, mich interessiert diese amerikanische Situation mehr, weil sie einfach mehr Freiheiten lässt. Da ist man ja nicht an den realen Gustav III. gebunden. Ich wollte einen Zeitbezug herstellen, weil es im Maskenball nicht vordergründig um Politik geht, sondern vielmehr um die Befindlichkeit der Menschen, die in einem politischen Getriebe verfangen sind - wie sie verformt werden, was sie erleben.

Andreas Baesler Und Hermann Feuchter: "Dieses Stück von Verdi ist fast perfekt"
Foto: Theater

Welchen Zeitbezug haben Sie schließlich gefunden?

Baesler Mir fiel sozusagen eine Parallele zu - da ich gerade ein entsprechendes Buch las: die Geschichte von John F. Kennedy. Der auch durch ein Attentat ums Leben gekommen ist. Der genauso wie Gustav ein Staatsmann war, der mit Traditionen gebrochen hat. Er hat sich dadurch Feinde geschaffen. Und Kennedy war wie Riccardo bzw. Gustav - wie auch immer man ihn jetzt nennen möchte - ein fast triebhafter Frauenheld. Kurzum, das war plötzlich ein faszinierender Assoziationsrahmen. Dann haben wir überlegt, wie siedeln wir das an? Es war klar, wenn wir das in der Konstellation erzählen, ist es das Oval Office.

Herr Feuchter, was wird der Zuschauer optisch erwarten?

Hermann Feuchter Es hat uns gleich elektrisiert - die Recherche, die sehr fruchtbar ist, über dieses gut dokumentierte Oval Office. Das hat eine lange Tradition und wird für jeden Präsidenten umgerüstet. Es ist auffällig, dass sich der Grundriss nicht ändert, aber die Ausstattung. Wir haben uns orientiert an die Kennedy-Ära. Aber noch wichtiger ist, dass dieses Oval Office - das ist ein Schnitt durch diesen Raum - Achsenverbindungen schafft. So auch Konstellationen für die einzelnen Figuren und Szenen.

BAESLER Das ist nicht ein filmischer Raum, der eins zu eins abgebildet ist. Die Architektur dieses Ortes bildet dann den Rahmen - im wahrsten Sinne des Wortes - für alle unterschiedlichen Szenen, die in diesem Raum imaginiert werden können, sich auch teilweise überlagern.

FEUCHTER Es geht um Überhöhungen, starke Szenenbilder. Der Raum bietet das Gerüst, in das die einzelnen Szenen implantiert werden.

BAESLER Und auch assoziiert. Das dann immer die richtige Entsprechung in diesem Umfeld entsteht. Beispielsweise, was ich sehr hilfreich fand in der weiteren Auseinandersetzung mit dieser Hypothese, ist die ganze Ulrica-Geschichte. In der schwedischen Fassung ist das sozusagen eine "Opern-Zigeunerin". In der amerikanischen Fassung wird sie als eine Frau mit schwarzer Haut bezeichnet. Das passt wiederum in die Zeit, da hat man die Diskussion um die Bürgerrechte.

Sie ziehen die Linie mit Kennedy ganz durch?

Baesler Assoziativ. Der Zuschauer wird es merken, und wir wollen ihn auch diese Assoziationen aufgreifen lassen. Ulrica als Afro-Amerikaner ist vielmehr in dem Stück verwurzelt und erzählt auch eine viel glaubhaftere Geschichte als dieser Zauber da in einer Hafen-Kascheme in Stockholm, wo eine Zigeunerin sitzt. Das ist ein Operntopos, der nur schwer in den Griff zu kriegen ist.

Der ist Ihnen suspekt?

Baesler Ja. Der ist mir suspekt.

Wie wichtig ist für Sie das musikalische Material bei ihrer Arbeit?

Baesler Ich persönlich halte Maskenball für die musikalisch gelungenste Oper von Verdi - was die musikalische Geschlossenheit angeht. Es ist ein so stringentes Stück, dass es für einen Regisseur sehr befriedigend ist, diese Musik zu inszenieren.

Sie trauen der Musik?.

Baesler Dieses Stück von Verdi ist fast perfekt. Das sagen auch die Musiker. Es gibt der Inszenierung den Impuls - Drive, Tempo. Und auch die Glaubwürdigkeit der Figuren.

Wie haben Sie sich der besonderen Figur des Oscar genähert?

Baesler Oscar haben wir umgemodelt. Oscar, das ist eine Frauenstimme, und es spricht ja eigentlich nichts dagegen, dass die Figur eine Frau ist. Eine junge, ehrgeizige Referentin in einer männlichen Welt. Das gibt der Rolle eine viel größere Bedeutung als dieses Herumgekaspere. Passt auch wieder in das Zeitbild. Es wirkt nicht erzwungen.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE CHRISTIAN OSCAR GAZSI LAKI.

(laki)
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