Kurzkrimi in sieben Kapiteln (Kapitel 5) Funken, Feuer, Pulverfass

Mönchengladbach · Jahrzehntelang brannte am 5. November zum Guy Fawkes Day im JHQ in Gladbach ein Scheiterhaufen mit Strohpuppen. Doch einmal verbrennt in den Flammen auch eine echte Leiche...

 "Join the Headquarter - Facts and Fiction" haben Nadine und Ansgar Fabri gemeinsam geschrieben.

"Join the Headquarter - Facts and Fiction" haben Nadine und Ansgar Fabri gemeinsam geschrieben.

Foto: Fotomontage: Nadine Fabri

Kapitel 5

Da habe ich ihn wie einen zusammengerollten Teppich aus dem Auto geschleppt und im Schutz der Dunkelheit in eines der leerstehenden Wohnhäuser gezogen..."

Während Goldwaagner die Geschehnisse mit monotoner Stimme berichtete, ging sein Blick leer durch Cabera hindurch. Der Polizist fühlte sich weiter in ihn ein. Es kam ihm beinahe so vor, als könne er die Ereignisse miterleben, die Bilder, die sich hinter Goldwaagners Stirn abspulten, selbst sehen:

Goldwaagner blickt sich vorsichtig in dem verlassenen Haus um. An den Wänden erinnert noch die verblichene Kindertapete mit den Clownsmotiven an die vergangenen Zeiten, als hier in diesem Haus noch britische Soldatenfamilien gelebt hatten und die sich nie hätten vorstellen können, wozu ihr einst trautes Heim einmal genutzt werden würde.

Goldwaagner hievt den bewusstlosen Kerl wie einen Sack auf eine olivgrüne Munitionskiste, die nur einige Handbreit vor der Clownstapetenwand steht. Mit ein paar geübten Handgriffen knotet Goldwaagner mit zwei Seilen die Hände des Bewusstlosen hinter dessen Rücken an dem alten Heizkörper fest. Fast fertig! Goldwaagner rückt ein vergilbtes Babyfon in klobigem 70er-Jahre-Design vor dem Kerl zurecht, legt den Kippschalter um und ein rotes Lämpchen leuchtet auf, der Lautsprecher brummt leise.

Dann tritt Goldwaagner ein paar Schritte zurück und kontrolliert die Ausrichtung einer modernen Webcam, die den Gefangenen von einer weiteren Munitionskiste aus anvisiert. Alles bestens, gleich kann der Spaß beginnen. Goldwaagner folgt einem Kabel, das sich von der Munitionskiste, auf der der Kerl sitzt, über den verstaubten Teppichboden bis in ein anderes Zimmer am Ende des Korridors zieht. Eine grüne Blümchentapete und ein Bettgestell ohne Matratze erinnern noch daran, dass hier wohl einmal ein Schlafzimmer gewesen war.

Auf einer alten Schlafzimmerkonsole wartet ein eingeschalteter Laptop auf Goldwaagner, daneben steht ein weiteres vergilbtes Babyfon. Goldwaagner legt auch hier den Kippschalter um, die rote Lampe leuchtet auf. Jetzt klingt aus dem Lautsprecher blechern die Stimme des Kerls: Er erwacht, nuschelt, lallt vor sich hin. Goldwaagner vertreibt mit einem Tastendruck den Bildschirmschoner und sieht auf dem Monitor den Kerl an dem Heizkörper gefesselt und auf der Munitionskiste sitzen. Doch der schwankt hin und her wie ein Betrunkener, scheint das Bewusstsein zurückzuerlangen, scheint die Gefahr zu wittern, die er sich nie hätte vorstellen können.

Ihnen gefällt, was Sie hier lesen? Dann kommen Sie am 5. November zur Lesung in die VHS!

(lsa)
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