Mönchengladbach Gestrandet

Mönchengladbach · Kunst und Öffentlichkeit: Das Thema der Ausstellung im Museum Abteiberg wird von den beteiligten Künstlern insgesamt sehr politisch behandelt. Das Duo Baltensperger+Siepert thematisiert mit einer knallroten Boje die Not der Flüchtlinge. Die Arbeit wirkt nach.

 Oben: Da steht sie - die knallrote Boje - eingekeilt zwischen Boden und Decke, bewegungsunfähig. Rechts: Auf zwei Monitoren laufen Breaking News, und eine Animation zeigt den Einsatz der Boje auf dem Meer.

Oben: Da steht sie - die knallrote Boje - eingekeilt zwischen Boden und Decke, bewegungsunfähig. Rechts: Auf zwei Monitoren laufen Breaking News, und eine Animation zeigt den Einsatz der Boje auf dem Meer.

Foto: Katja Illner

Da stehen diese beiden jungen Künstler im Museum Abteiberg und geben hochpolitische Statements ab - der eine mit herrlichem Schweizer Akzent und beide mit überaus freundlichem Lächeln. Was die Dramatik ihrer nachdenklichen Botschaft nicht mindert. Sie stehen neben ihrer knallrote Lichtboje - ein Prototyp, ausgestattet mit Elektromotor, Schiffsschraube, Solarzellen und GPS. "Desti-Nation" nennen sie ihre Arbeit und bezeichnen sie als "Lotse für eine sichere Migration". Stefan Baltensperger (geboren 1976 in der Schweiz) und David Siepert (geboren 1983 in Deutschland) sind das Künstlerduo Baltensperger+Siepert.

Mönchengladbach: Gestrandet
Foto: Baltensperger + Siepert

Sie haben die Boje erschaffen, damit diese afrikanische Flüchtlinge sicher über das Mittelmeer geleitet. "Damit rettet sie Menschenleben, löst aber nicht das Problem", sagen die beiden. In einem Statement zu ihrer Arbeit haben sie Folgendes formuliert: "Desti-Nation ist die materielle Manifestation einer gesellschaftlichen Ambivalenz. Auf der einen Seite steht der Wunsch und die Verantwortung, Flüchtenden in ihrer prekären Situationen zu helfen, auf der anderen Seite existiert die Angst, es könnten zu viele kommen und die eigene Existenz bedrohen. Kaum jemand würde wollen, dass tagtäglich Menschen bei ihrem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, zu Tode kommen. Und dennoch würde kaum eine europäische Regierung sich nicht dagegen wehren, würde jemand eine Brücke von Afrika nach Europa bauen wollen."

Neben der Boje demonstriert eine Animation den Einsatz der Boje auf dem Meer. Und auf einem zweiten Bildschirm laufen Breaking News in einer Endlosschleife. Fake natürlich. Aber überaus echt. Über Kopfhörer sind die Neuigkeiten zu vernehmen.

Die Arbeit von Baltensperger+Siepert thematisiert die Bedeutung von Grenzen. Sie sagen: "Ausgangspunkt für Desti-Nation ist die Auseinandersetzung mit der Frage, was eine Grenze bedeutet. Was es heißt, auf der einen oder der anderen Seite einer künstlich gezogenen Linie geboren worden zu sein. Wir erleben in Europa, wie diese Linien diffuser werden und sich unser Weltbild vermehrt durch wirtschaftliche Beziehungen definiert." Und: "Ein Meer ist mehr als eine Linie auf einer Karte, es ist eine physische Barriere, die Bewegungen von einer zur anderen Seite erschwert."

Dieser Lotse ist aber nun vorläufig gestrandet und steht - eingekeilt zwischen Decke und Boden - im Museum Abteiberg. Und zwar bis zum 23. Oktober. Im Anschluss - so haben es die beiden Künstler geplant- wird die knallrote Boje den Lago Maggiore überqueren und so die Schweiz und Italien miteinander verbinden.

(RP)
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