Mönchengladbach High-Tech-Barbier sorgt für allerbeste Stimmung

Mönchengladbach · Kobie van Rensburg hat die Rossini-Oper mit viel Technik und Witz völlig neu inszeniert. Die Sänger agieren auf der Bühne und in virtuellen Räumen. Die Spielfreude ist riesig, das Publikum begeistert.

 Rosina und Almaviva besingen ihre Liebe, Doktor Bartolo (r.) bleibt in ihrer Nähe, ermüdet aber alsbald und nickt ein.

Rosina und Almaviva besingen ihre Liebe, Doktor Bartolo (r.) bleibt in ihrer Nähe, ermüdet aber alsbald und nickt ein.

Foto: Matthias Stutte

Er ist der Fiesling, der Spießer, ein geldgeiler alter Sack. Er trägt karierte Hosen und einen gestreiften Pullunder über dem weißen Hemd. Das schwarze Kassengestell sitzt immer ein bisschen schief auf seiner Nase, selbst im Arztkittel wirkt Doktor Bartolo nicht wirklich beeindruckend. Hayk Dèinyan verkörpert den Typen, der die hübsche und durch Erbschaft reiche Rosina unter Verschluss hält, weil er selbst hinter ihr und ihrem Geld her ist. Er verkörpert ihn gut. Bestens. Er ist derjenige, der mit der ausgefeilten Technik, die Rossinis komische Oper "Der Barbier von Sevilla" so beeindruckend anders macht, fantastisch spielt. Von zwei am vorderen Bühnenrand aufgestellten Kameras werden die Akteure aufgenommen und im Blue Screen-Verfahren projiziert. Und was macht Hayk Dèinyan? Er geht ganz nah heran, zwinkert vielsagend, fast verschwörerisch mit einem Auge, lässt seinen linken Mundwinkel zittern, wirkt plötzlich sehr menschlich. Verletzbar. Und ist damit mitten im Publikum angekommen.

 Der pfiffige Figaro (r.) will Graf Almaviva helfen. Großartig: Rafael Bruck mit Tolle und dem Föhn im Gürtel.

Der pfiffige Figaro (r.) will Graf Almaviva helfen. Großartig: Rafael Bruck mit Tolle und dem Föhn im Gürtel.

Foto: © Matthias Stutte

Kobie van Rensburg hat die Oper inszeniert - so, wie die Theaterbesucher es von ihm kennen. Mit viel Technik, die anfangs hakte, weshalb die Premiere auf der großen Bühne des Theaters mit fünf Minuten Verspätung begann. Während die Sänger vor blauer Wand agieren, werden sie in virtuelle Räume projiziert, blaugekleidete - und deshalb unsichtbare - Menschen tragen Requisiten in die Szenen, es gibt viel zu gucken. Und zu hören. Die hinreißende Sophie Witte spielt die Rosina, die von Graf Almaviva - hervorragend, der spanische Gasttenor Juan Antonio Sanabria - umworben wird. Rafael Bruck ist der pfiffige Figaro, der das Liebeswerben des Grafen unterstützt. Am Ende werden Rosina und Almaviva ein Paar. Und Berta, das Hausmädchen Berta (Debra Hays) gesteht ihrem Arbeitgeber ihre Liebe. Doktor Bartolo lässt sich auf sie ein. Besser als nichts.

200 Jahre nach der Uraufführung der Oper in Rom, die beim Publikum keine Gnade fand, hat der südafrikanische Regisseur Kobie van Rensburg eine durch und durch moderne Fassung des Stücks auf die Bühne gebracht. Die italienischen Texte werden mit viel Witz und in zeitgemäßer, teils gewollt derber Sprache in Übertiteln übersetzt, da fliegen die Buchstaben umher, sammeln sich, um dann wieder herabzupurzeln ins Nichts. Eine gelbe Quietscheente wird kurz aber effektvoll in Szene gesetzt. Ganz ehrlich, diese Operninszenierung ist unglaublich kurzweilig und extrem lustig - gute Laune ist also garantiert.

Das quittierten die Premieren-Besucher mit langanhaltendem begeisterten Beifall. Zurecht.

(RP)
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