Mönchengladbach St. Helena: Die neue Truhenorgel kann piepsen

Mönchengladbach · "Bach pur" gab's in der Rheindahlener Pfarrkirche. Und Pfarrer Harald Josephs nahm die Weihe der Scholz-Orgel vor.

 Kantor Reinhold Richter zeigte, was die neue Orgel alles kann. Er entlockte ihr zuckersüß fiepsige Tongirlanden - und mehr.

Kantor Reinhold Richter zeigte, was die neue Orgel alles kann. Er entlockte ihr zuckersüß fiepsige Tongirlanden - und mehr.

Foto: Detlef Ilgner

Als Reinhold Richter in der Kadenz von Carl Philipp Emmanuel Bachs G-Dur-Orgelkonzert den Schieber für das höchste der Diskant-Register betätigte, strömten aus dem unscheinbaren Holzkasten unter der Vierung in St. Helena so zuckersüß fiepsige Tongirlanden, dass so mancher im Publikum lächeln musste. Darauf hatte es der Kantor von Rheindahlens Pfarrkirche natürlich abgesehen, auch mit dem musikalischen Ausflug in tonmalerische Gefilde, die dem Ursprung der Musik mal eben 250 Jahre gen heute enthüpften. Aber es war ja ein besonderer Anlass, und der zeitigt außergewöhnliche Mittel: Die neue Truhenorgel der Orgelbaufirma Scholz, neuer Stolz der Gemeinde, ließ sich zum ersten Mal in einem Konzert öffentlich hören. Und da wollte natürlich der Pfarrer der Gemeinde, Harald Josephs, nicht einfach so dabeisitzen. Er zelebrierte eine kurze, von Psalmen umkränzte Orgelweihe vor dem ersten Einsatz des portablen Instruments, dass den Zuhörern - und es waren so viele gekommen, dass sogar die hölzernen Beistellstühle knapp wurden - ganz feierlich zumut wurde. Da war das Entree schon vorbei: Bachs, Johann Sebastian Bachs wohlgemerkt, Kunst der Fuge erklang von ganz weit hinten, aus dem Chorrund, von den Streichern der Camerata Gladbach. Warum, das bleibt wohl der Dramaturgie geschuldet, denn besonders gut klingt Bachs gestrenge Polyphonie nicht, wenn sie es mit noch mehr Nachhall aufnehmen muss. Aber sei's drum, des berühmtesten Sohnemanns empfindsamere Musik gelang gefällig, auch dank Richters lebendigen Spiels, das sich einige virtuose Freiheiten herausnahm und damit den unangepassten Geist der Musik bekräftigte. Ein kurze Sinfonie von Wilhelm Friedemann, dem so genannten Halleschen Bach, entführte als weiteres Beispiel fürs mühsame Ablösen vom titanischen Vater in eine Zeit der Formexperimente, indem die Musik kurzerhand, aber äußerst sensibel, mit einem wonniglichen Menuett endet.

Des alten Bachs 2. Brandenburgisches Konzert stand dann als Höhepunkt des Spätnachmittags an. Neben Richters Frau Andrea an der Blockflöte konzertierten der Oboist Detlef Groß und mit strahlend himmelsstürmerischen Instrument der Trompeter Jonathan de Weerd im Wechsel mit von Johanna Brinkmann angeführten Streichern. Ach ja, Bach schnurrt doch immer wieder wie ein Kätzchen am Ofen, auch wenn die Trompete nicht so leise in die Höhe kommt, dass man die Mitstreiter noch hören könnte. Das Publikum war dennoch zufrieden, innerlich erwärmt und auf die dunkle Jahreszeit zuversichtlich eingestimmt. In der leuchtet an St. Helena, wie ein Morgenstern, eine schöne neue Truhenorgel.

(ark)
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