Mönchengladbach Zicken überm Regenbogen

Mönchengladbach · "Marlene, Judy, Marilyn - Endstation Hollywood" ist ein Abend mit viel Musik über Starkult und Hybris der amerikanischen Traumfabrik. Roland Hüve inszeniert sein eigenes Stück vor freundlichem Premierenpublikum im Großen Haus.

Mönchengladbach: Zicken überm Regenbogen
Foto: Stutte

Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Singt Reinhard Mey. Und glaubt sich das ebenso wenig wie der Autor und Regisseur Roland Hüve, wenn er seine drei Diven auf der Großen Bühne die weltberühmte Schnulze "Somewhere over the rainbow" anstimmen lässt. Es ist die Schlussnummer eines Abends, der eine Mischung aus Revue und Kammerspiel sein will. In "Marlene, Judy, Marilyn - Endstation Hollywood" schlüpfen drei Opernsängerinnen in die Rollen der Showbiz-Ikonen und machen ziemlich gekonnt nach, was ihre Vorbilder auf der Kinoleinwand berühmt gemacht hat. Dabei zicken sie herum, neiden einander den Erfolg, plaudern über Sex, Drugs und Money, und geben sich redlich Mühe, die Botschaft des Abends über die Rampe bringen. Die lautet in etwa: So schön der Schein, so kaputt ist und macht die Traumfabrik.

Es ist die Ambivalenz der Aussage dieses "musikalisch-szenischen Abends", die unbeschwerte Stimmung so richtig nicht aufkommen lässt. Dabei machen die drei Damen ihre Sache gut. Debra Hays brilliert geradezu als Marilyn Monroe, der sie Kurven, Temperament und Timbre abgeschaut hat. Gabriela Kuhn entfaltet als in die Jahre gekommener Kinderstar Judy Garland, die mit "Over the rainbow" zum Weltstar wurde, stimmlich und tänzerisch bemerkenswert viel Esprit. Und Susanne Seefing kann als Marlene Dietrich ihrem Bühnen-Ego zwar stimmlich nicht das (tiefe) Wasser reichen, ihre Haltung und der Geist der Songs machen jedoch großen Effekt.

Nein, an der musikalischen Präsenz der drei Sopranistinnen liegt es nicht. Auch nicht an den Arrangements, die Tastenlöwe Heinz Hocks mit seinem Jazz-Quartett im Graben anrichtet: Das alles ist routiniert, manchmal auch überraschend den Sängerinnen auf den Leib geschrieben, die sich ganz natürlich in zwei- oder dreistimmigen Ensembles zusammenfinden dürfen. Aber die Story selbst beißt sich in den Schwanz.

Hüve behauptet etwas mühsam, die Diven träfen sich am Tag ihres jeweils letzten Auftritts in einer Künstlergarderobe. Spiegel, Perückenköpfe, Kleiderständer, vor sich hin welkende Blumenbouquets - Ausstatter Sigfried E. Mayer hat an alles gedacht. "Eine Garderobe ist der perfekte Ort für die Wahrheit", lässt er die Giftspritze Dietrich sagen. Und zeigt die Diven auch ungeschminkt, als Schlampen mit Whiskeyglas, schlaffen Nylons und ohne Haare. Irgendwie wollte Hüve jedoch die Wirklichkeit in sein Stück einbauen und lässt die Damen Hays, Kuhn und Seefing auch noch sich selbst spielen - wie sie in die Rollen der Diven schlüpfen. Das funktioniert aber nicht wirklich. So entspinnt sich auf der Bühne ein dauerndes Rein in die Rolle, Raus aus der Rolle. Rein in die Klamotten, nach vorn zum Singen an die Rampe und wieder retour. Und die (ja gar nicht so neue) message: Hollywood ist ziemlich pervers - verdirbt einem letztlich den ungetrübten Spaß.

Man kann sich dennoch gut amüsieren bei diesem Abend, es ist schließlich erstaunlich, welche Präsenz die drei Sänger-Schauspielerinnen sich erarbeitet haben. Und die Songs sind toll. Das Premierenpublikum zeigte sich- trotz großer Lücken im Parkett - einhellig angetan.

Weitere Vorstellungen am 16. Oktober, 1., 3.,13. November, 17., 30. Dezember, 13., 20. Januar, 19. Februar, 8. März, 1., 27. April. Karten unter Tel: 02166 6151100 oder im Internet unter www.theater-kr-mg.de

(ark)
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