Lesetipp Susanne Goga: Der Dunkle Weg Lebensbilder aus Dublin in Zeiten des Kriegs

Mönchengladbach · Der neue Roman der Mönchengladbacher Autorin Susanne Goga ist im Diana-Verlag erschienen.

Ein paar Parallelen zu ihrem Vorgänger-Roman, "Der verbotene Fluss", sind unverkennbar. Reist dort die junge Charlotte als Gouvernante aus Berlin in die Nähe Londons, so besucht in dem neuen Buch von Susanne Goga, "Der dunkle Weg", eine junge Hamburgerin, Ida Martens, ihre Freundin Grace in Dublin. Und bleibt.

"Der verbotene Fluss" ist der bisher erfolgreichste Roman der 47-jährigen, in Rheydt lebenden Schriftstellerin und Englisch-Übersetzerin, er schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste. Daran versucht Goga mit einem wieder spannend geschriebenen Geschichtsbild aus der irischen Hauptstadt Dublin anzuknüpfen. Einfühlsam schildert sie, wie die zeichnerisch talentierte Ida Martens in Dublin heimisch wird, hier beruflich Fuß fasst, sich in den schwer zugänglichen Arzt Cian O'Connor verliebt. Der Kontakt zu ihren Eltern wird zunehmend spannungsgeladen, als diese ihre Rückkehr nach Hamburg verlangen. Das Zerwürfnis mit dem Vater ist nicht aufzuhalten.

Die Handlungszeit umfasst die Zeit kurz vor dem und im Ersten Weltkrieg. Die Jahre von 1912 bis zum gescheiterten Osteraufstand 1916 in Irland spiegeln eine Epoche, da der Kampf der Iren für einen von Großbritannien unabhängigen, selbstverwalteten Staat in die entscheidende Phase tritt. Die latente Gefahr, die brodelnde Lage mit kampfbereiten patriotischen Kräften und bequem weiterwurschtelnden Untertanen der britischen Besatzer schildert Susanne Goga in einem packenden, historisch sorgfältig recherchierten Sitten- und Genrebild. Die erbarmenswerte Lage der hungernden Bevölkerung, konfessionelle Spannungen, die Cian O'Connors älteren Bruder zur Selbsttötung getrieben haben, werfen bizarre Schlaglichter auf das Irland an der Schwelle des Weltkriegs. Dagegen behaupten sich Menschlichkeit im Alltag und Freundschaft sowie das legendäre Improvisationstalent der Iren. Die Handlung bestätigt ein Wort von John Pentland Mahaffy, das dem Roman vorangestellt ist: "In Irland passiert nie das Unvermeidliche und geschieht ständig das Unerwartete."

Dieses Prinzip durchzieht Gogas Erzählweise, die behutsam einseitiger Parteinahme oder ideologischer Schwarz-Weiß-Malerei widersteht. Sie legt, trotz lebhafter Dialoge der handelnden Personen, die Haltung des von außen auf das Geschehen blickenden Beobachters nie ab. Stilsicher und für überraschende Wendungen offen pflegt Susanne Goga einen eng an den Menschen angelehnten Erzählstil, der nie weitschweifig wird oder mit belehrendem Zeigefinger daherkommt. Was sie meisterhaft beherrscht, ist die geschickte Zuordnung von Dialog-Parts auf die beteiligten Sprecher. Dazu umgeht die Autorin souverän die bei manchen Schriftstellern langweilenden angehängten Verben wie "sagte, widersprach, entgegnete, bekräftigte, fragte, stellte fest". Goga kommt ohne solche Phraseologie aus. Sehr angenehm.

Susanne Goga: Der dunkle Weg. 448 Seiten; Diana Verlag; ISBN: 978-3-453-35799-0; 9,99 Euro.

(RP)
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