Mönchengladbach Luft nach oben

Mönchengladbach · Die Stickstoffdioxidwerte in der Stadt sind etwas gestiegen, sie liegen aber nur an der Aachener Straße leicht über den zulässigen Grenzwerten. Noch drohen keine Fahrverbote für Diesel-Autos - von denen es fast 40.000 in der Stadt gibt.

Diese Messstation steht an der Friedrich-Ebert-Straße in Rheydt. Dort ist die Luft in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden.

Diese Messstation steht an der Friedrich-Ebert-Straße in Rheydt. Dort ist die Luft in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden.

Foto: Andreas Gruhn

Man sieht dem Haus an der Aachener Straße von außen nicht an, dass es ein ganz besonderes in der Stadt ist. Und die Luft riecht auch nicht unbedingt nach Stickstoffdioxid und Abgasen, sondern nach dem Imbiss in unmittelbarer Nähe. Mitten in Holt, zwischen Kirche, Bäckerei und Frittenbude, steht die Messstation, auf die Stadt, die Bezirksregierung und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) ein besonderes Auge haben. Man sieht sie kaum, sie ist an einer Straßenlaterne befestigt, aber sie zeichnet alles auf, was sich dort in der Luft so tummelt. Und das ist nicht so gut, wie es eigentlich sein sollte.

Die Belastung mit Stickstoffdioxid ist an der Messstelle im Jahresmittel wieder leicht angestiegen. Der vom LANUV gemessene Jahresmittelwert erreichte 2016 44 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, hieß es gestern im städtischen Planungs- und Umweltdezernat. Erlaubt sind 40 Mikrogramm im Jahresmittel. Von 2009 bis 2015 war der dort gemessene Wert von 50 auf 42 Mikrogramm gefallen, nun ist er leicht gestiegen. "Wir haben die Werte an dieser Messstation nicht ganz im Griff", sagt der für Planung und Umwelt zuständige Dezernent Gregor Bonin.

Das bleibt aber weiter vorerst ohne Folgen. Die Bezirksregierung hat laut Bonin als zuständige Aufsichtsbehörde wie auch im vergangenen Jahr keine Fortschreibung des Luftreinhalteplans mit verschärfenden Maßnahmen angeordnet. Das Land lässt der Stadt diese Überschreitung durchgehen, da sie als geringfügig eingeschätzt wird. Fahrverbote etwa für Diesel-Autos kommen bisher nicht in Betracht. Dazu sind die in Mönchengladbach gemessenen Werte zu niedrig und kaum vergleichbar mit Problemzonen wie etwa Stuttgart.

Im vergangenen Jahr benannte die Stadt den Lkw-Verkehr als Ursache für erhöhte Stickoxid-Belastung an der Aachener Straße. Die Route von der Autobahn 61 (Abfahrt Holt) und der Innenstadt führt Lastwagen-Fahrer oft über die Aachener Straße, obwohl sie eigentlich inzwischen gesperrt ist für schweres Gefährt. Das, so Bonin, habe die Stadt im vergangenen Jahr verstärkt kontrolliert und außerdem Alternativrouten ausgearbeitet, was zu einer deutlichen Abnahme des Lkw-Verkehrs geführt habe. Statt 1000 Lkw am Tag nutzen noch rund 450 die Bundesstraße zur Durchfahrt. An der Stelle gilt inzwischen Tempo 30. "Wir haben insgesamt eine kontinuierlich abnehmende Tendenz, die Maßnahmen zeigen Wirkung", sagt Bonin. Und trotzdem sind die Stickstoffdioxid-Werte an der Aachener Straße leicht gestiegen, und da helfen Verbote für Lkw wenig weiter: Denn dieser Schadstoffausstoß kommt von Autos. "Wir hatten eine Zunahme des Verkehrs auf 35.000 Fahrzeuge am Tag", sagt Bonin.

Keine Frage, der Mönchengladbacher mag sein Auto. Zum gestrigen Stichtag waren in der Stadt exakt 134.529 Autos gemeldet. Davon waren 39.527 Fahrzeuge mit Dieselmotoren ausgerüstet. Das sind 30 Prozent der gemeldeten Autos. Hinzu kommen 9833 Lkw, von denen 9300 mit Dieselkraftstoff fahren. Legt man die Bestandszahlen des Kraftfahrtbundesamtes für Mönchengladbach zum Stichtag 1. Januar 2016 dagegen, stellt man fest: Die Zahl der Fahrzeuge in Mönchengladbach ist insgesamt um etwa 3400 gestiegen, und die Zahl der Dieselmotoren um gut 1200.

Der gesamtgesellschaftliche Trend, das Auto öfter stehen zu lassen oder sich gar nicht erst eines anzuschaffen, scheint sich in Mönchengladbach noch nicht so durchzusetzen wie anderswo. 63 Prozent der Verkehrswege, von der weiten Fahrt bis zur absoluten Kurzstrecke, werden in der Stadt noch immer mit dem Auto erledigt. "Im Vergleich mit anderen mittleren Großstädten sind das einfach zehn bis 15 Prozent zu viel", sagt Bonin. Die Stärkung des öffentlichen Personen Nahverkehrs (gerade wurde das Liniennetz der NEW ausgebaut) und des Radverkehrs (der Masterplan Nahmobilität ist zumindest in Arbeit) soll den Auto-treuen Gladbachern Alternativen deutlich schmackhafter machen.

Grundsätzlich ist die Mönchengladbacher Luft in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden, was auch eine Folge der Umweltzone ist. Die musste die Stadt auf Geheiß der Bezirksregierung einführen, weil in den Jahren 2009, 2010 und 2011 an den Messstellen an der Friedrich-Ebert-Straße und der Aachener Straße deutliche Überschreitungen des zulässigen Grenzwertes beim Stickstoffdioxid registriert wurden. Seitdem ist etwa der gemessene Feinstaub ohne Zweifel zurückgegangen: An der Hubertusstraße/Urftstraße und an der Düsseldorfer Straße gibt es gar keine Auffälligkeiten. Und an der Friedrich-Ebert-Straße wurde der zulässige Grenzwert 2016 an zehn Tagen überschritten, erlaubt sind bis zu 35 Tage. In diesem Jahr ist es aber auch dort wieder etwas schmutziger geworden: Seit dem 1. Januar wurden bereits zwölf Überschreitungstage gezählt. Das ist aber immer noch kein Vergleich zu 2011, als es an 42 Tagen Feinstaub-Alarm gab.

(RP)
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