Mönchengladbach Markt-Mitarbeiter auf Motorhaube mitgenommen: Lange Haft gefordert

Mönchengladbach · War der mutmaßliche Diebstahl zweier Kästen Wasser wegen des geringen Beutewerts ein minder schwerer Fall? Darüber muss das Gericht entscheiden.

Vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts müssen sich noch immer ein 55-jähriger Mönchengladbacher und seine 51 Jahre alte Ehefrau wegen schweren räuberischen Diebstahls und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verantworten. Am 7. Februar war der Ehemann auf dem Gelände eines Getränkeunternehmens dabei beobachtet worden, wie er zwei Kästen Wasser in den Kofferraum seines Fahrzeugs packte. Auf der Videoaufnahme des Marktes war das im Gerichtssaal auch deutlich zu erkennen. "Ich habe damals leider nur den Kasten Bier bezahlt. Für die Wasserkästen habe ich das Bezahlen vergessen", verteidigte sich der Angeklagte, dessen Vorstrafenregister immerhin 26 Eintragungen enthält.

Die Ehefrau, die damals am Steuer saß, will von dem Einladen der Kästen nichts mitbekommen haben: "Ich war mit meinem Hund beschäftigt". Doch dann tauchte ein 22-jähriger Mitarbeiter vor dem Wagen des Paares auf. Er forderte: "Öffnen Sie Ihren Kofferraum. Ich habe gehört, dass Sie gestohlen haben." Der 55-Jährige weigerte sich. "Geh weg. Wir fahren jetzt", rief der Angeklagte. Die Frau war schließlich losgefahren, obwohl der 22-Jährige inzwischen auf der Motorhaube saß. Etwa 200 Meter sei das Ehepaar so mit ihm gefahren. Dabei sei sogar einmal sein Fuß vorn unter den Wagen geraten, so der Mitarbeiter. Erst an der Straße habe die Frau gehalten. "Dort hat mich der Mann von der Motorhaube gezerrt", so der Mitarbeiter.

Ein Schüler (21), der damals in dem Getränkeunternehmen in einem Nebenjob arbeitete, bestätigte gestern die Aussage des Mitarbeiters. Er hatte die Diskussion der Männer am Fahrzeug des Angeklagten gehört. "Der Angeklagte wollte den Kofferraum seines Fahrzeugs nicht öffnen. Einen Diebstahl bestritt er", erinnerte sich der Schüler. "Dazu haben Sie kein Recht" - so habe der Angeklagte reagiert, und "Fahr los" zu seiner Frau gesagt. Sie sei daraufhin mit dem Wagen losgerollt, obwohl der Mitarbeiter davor stand. Die Frau sei später allein mit Auto zurückgekommen. Die Wasserkästen hatte sie inzwischen anderswo abgestellt.

Der Staatsanwalt forderte gestern für den mehrfach vorbestraften Ehemann wegen räuberischen Diebstahls und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eine Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Dabei bewertete der Anklagevertreter die spontane Tat wegen des geringen Beutewertes als minder schweren Fall.

Für die mitangeklagte Ehefrau, die zuvor noch nie aufgefallen war, verlangte der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung. Die Verteidiger sahen keinen Diebstahl. Der Mandant habe das Bezahlen vergessen. Für den Ehemann wurde Freispruch gefordert und für die Frau eine milde Strafe. In der kommenden Woche werden die Urteile verkündet.

(RP)
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