Interview mit Fritz Otten und Ernst Kreuder Masterplan: Jetzt geht es erst richtig los

Mönchengladbach · Die Vorsitzenden des Vereins MG 3.0 erklären, wo man die Ergebnisse des Masterplans als erstes sehen wird, was am Geroweiher passieren sollte, warum Gladbach nicht so bescheiden sein muss und was die Bürger jetzt tun können.

Interview mit Fritz Otten und Ernst Kreuder: Masterplan: Jetzt geht es erst richtig los
Foto: KN/KlXM

Der Masterplan ist fertig — und scheint auch schnell mit Leben gefüllt zu werden. Sind Sie stolz?

Fritz Otten Ganz ehrlich: Ja, wir sind stolz. Denn als wir vor fünf Jahren angefangen haben, uns mit dem Thema zu beschäftigen, gab es viele Hürden zu überwinden. Wir hatten eine Idee, aber keine Vorstellung von dem Weg. Dass so schnell so viel Schwung aufs Rad kommen würde, konnten wir selbst nicht hoffen.

Ernst Kreuder Was mich besonders freut, ist nicht nur das Ergebnis, sondern der Prozess. Diese Form der Bürgerbeteiligung, des Dialogs der unterschiedlichen Beteiligten und des Ausgleichs der Interessen ist etwas — das ist neu für unsere Stadt. Und das bleibt hoffentlich auch so.

Bei der feierlichen Übergabe des Masterplans hat der Festredner Hans-Dieter Collinet ausdrücklich den früheren Baudezernenten Helmut Hormes gelobt. Mit ihm sei die Wende in der Stadtplanung gekommen. Ist der Masterplan nichts anderes als das alte Konzept "MG 2030" mit hübscheren Bildern?

Otten Gute Pläne hat es in der Stadt auch vor dem Masterplan gegeben. Sie sind aber in der Schublade gelandet. Niemand von uns ist mit dem Anspruch angetreten: Jetzt kommen wir, und wir wissen alles besser. Eine wesentliche Aufgabe des Masterplans war es ja, alle schon einmal gedachten Ansätze zusammenzutragen und mit neuen Ideen zu einem großen Ganzen weiterzuentwickeln. Dabei hat auch "MG 2030" eine wichtige Rolle gespielt.

Lassen Sie uns noch mal im Zeitraffer den Hürdenlauf nachvollziehen. Hatten Sie ernsthaft geglaubt, über 650 000 Euro einsammeln zu können?

Otten Moment, da war noch eine Hürde vorher.

Welche denn?

Otten Der erste Anstoß für den Masterplan kam von der Architektenschaft. Dass die das Projekt nicht alleine stemmen konnte und wollte, war klar. Als dann die Wirtschaft dazukam, musste erst mal ausgelotet werden: Haben wir überhaupt dasselbe Ziel? Nachdem das klar war, haben wir den gemeinsam den Verein MG 3.0 gegründet, eine sehr solide Basis — und die Arbeit macht uns auch viel Spaß.

Kreuder Und das war am Anfang schon ein Ringen, auch um einzelne Formulierungen.

Und dann haben Sie Schecks eingesammelt — und gestaunt.

Kreuder Wir hatten nach drei Monaten die Hälfte des Geldes zusammen. Das war unglaublich.

Otten Dabei haben wir vor Weihnachten angefangen. Das fand ich eigentlich unglücklich — in Konkurrenz zu all den karitativen Organisationen.

Als Sie das nötige Geld hatten, kam die zweite Hürde: Sie mussten einen renommierten Masterplaner finden.

Kreuder Auch das war einfacher, als wir vorab gedacht hatten.

Otten Weil wir das nicht selbst gemacht haben, sondern Experten damit beauftragt haben. Es hat ja wenig Sinn, einen Daniel Libeskind in New York anzurufen und zu sagen: Hallo, wir wollen da in Gladbach was Spannendes machen.

Hat denn das Büro Faltin, das für Sie die Auswahl koordiniert hat, auch Libeskind angesprochen?

Otten Ja — und er hat auch ein Angebot abgegeben.

Waren die letzte große Hürde die Politiker?

Otten Es gab bei einigen Politikern die spürbare Sorge, dass ihnen für die Stadt wichtige Entscheidungen aus der Hand genommen werden sollten. Inzwischen wissen aber die meisten: Der Masterplan ist kein Bebauungsplan. Das, was dort drin steht, soll und wird nicht an allen Stellen eins zu eins umsetzbar sein. Er gibt die großen Linien vor, an denen entlang ab sofort die Stadtplanung realisiert werden kann. Und die Entscheidungsträger sitzen im Ausschuss und im Rat. Aber natürlich erwarten wir jetzt auch Entscheidungen und Taten.

Kreuder Und es gibt doch schon jetzt zwei gute Beispiele, wie das Zusammenspiel von Masterplan-Idee und konkreten Invests in der Praxis funktionieren kann. Die Idee für das neue Wohnviertel auf der Bleichwiese ist unabhängig vom Masterplan entstanden. Der holländische Investor hat dann gesagt: Die Idee des Gladbach-Tals ist toll, die integriere ich. Beim Monforts-Quartier wird die Hochschulachse im Herzen der Stadt entlang der Webstuhlstraße konsequent und konkret weiter geplant.

Wo wird man der Stadt den Masterplan als erstes ansehen?

Otten Wahrscheinlich im Gladbach-Tal. Da lässt sich vom Geroweiher bis zum Berliner Platz eine Strecke von 500 Metern im Sinne des Masterplans hinbekommen.

Kreuder Der Parkplatz am Geroweiher ist mein Lieblingsbeispiel dafür, wie sich der Masterplan schnell und mit wenig Geld umsetzen lässt. Aus dem Parkplatz lässt sich ruckzuck eine Grünfläche mit Wasser machen. Den Bagger stelle ich gerne kostenlos zur Verfügung.

Otten Es gibt eine Reihe von Stellen, wo man ohne riesigen finanziellen Aufwand etwas umsetzen kann. Ich denke zum Beispiel an eine Radfahrverbindung aus der Gladbacher City über den alten Hohenzollern-Bahndamm bis nach Schiefbahn.

An vielen anderen Stellen braucht es potente Investoren, um die Ideen umzusetzen. Wie optimistisch sind Sie, die für die Idee begeistern zu können?

Otten Da muss Mönchengladbach nicht unnötig bescheiden sein. Um ein Einkaufszentrum in der Gladbacher Innenstadt bauen zu dürfen, haben sich die beiden deutschen Marktführer sehr intensiv beworben. Und die Nummer eins, nämlich ECE, war am Ende traurig, nicht den Zuschlag bekommen zu haben. Im Regio-Park haben sich die renommiertesten deutschen Logistiker bewusst für Mönchengladbach entschieden. Immer mehr blicken jetzt auf unsere Stadt. Und der Masterplan ist ja für Investoren das beste Argument: Sie sehen eine Stadt, in der sich was tut, die im Aufbruch ist, die schöner und lebenswerter wird.

Was kann, was muss die Stadt tun?

Kreuder Die Bauverwaltung braucht die nötige personelle Ausstattung, um die Projekte voranzutreiben. Es nutzt nichts, einen guten Plan und Investoren zu haben, die gerne Millionen in Mönchengladbach lassen wollen — und es dann niemanden gibt, der die nötigen Bebauungspläne vorantreibt.

Otten Die Stadt muss die Möglichkeit haben, nötige Grundstücke anzukaufen, um sie zu entwickeln und weiterzuverkaufen. Ich könnte mir dazu eine gemeinsame Projektgesellschaft von EWMG und Unternehmern vorstellen.

Ist Ihre Arbeit jetzt getan - oder geht es im Gegenteil erst richtig los?

Otten Der erste Teil ist geglückt. Der war unabdingbar. Aber ein Plan ist und bleibt nur ein Plan. Den haben wir nicht für die Schublade gemacht. Jetzt geht es darum, ihn mit Leben zu füllen. Und darum geht es eigentlich erst so richtig los.

Welche Rolle wird der Verein MG 3.0 ab jetzt spielen?

Kreuder Die Verwaltung hat der Politik einen mit uns abgestimmten Vorschlag für die Satzung des Beirats vorgelegt, der den Rat künftig beraten soll. Er wird eine Geschäftsstelle haben und bei allen Bauvorhaben, die Masterplan-Areale betreffen, Empfehlungen aussprechen.

Und wie können sich die Bürger ab jetzt einbringen?

Kreuder Sie sind laufend dabei — und wir werden weitere Möglichkeiten schaffen. Mit der Altstadt-Initiative wurde die Idee entwickelt, Container an markanten Orten aufzustellen, die zu "mobilen Denkfabriken" werden. Das wäre ein Ort, um die Ideen des Masterplans zu transportieren und den Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen in den Prozess einzuspeisen. Ein wunderbarer erster Standort dafür wäre der Parkplatz am Geroweiher.

RALF JÜNGERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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