Mönchengladbach Mega-Vorbereitungen auf das Operngastspiel in Estland

Mönchengladbach · Bestehende Bühnenbilder müssen für die Auftritte im riesigen Theaterzelt auf Saaremaa angepasst werden. In den Theaterferien ist Schuften angesagt.

 Regisseurin Katja Bening und Bühnenmeister Georg Rütsch: Auf sie kommt eine große Herausforderung zu.

Regisseurin Katja Bening und Bühnenmeister Georg Rütsch: Auf sie kommt eine große Herausforderung zu.

Foto: Lammertz

Bereits fünf Monate vor dem Start des Truck-Konvois vom Stadttheater und den Werkstätten in Fischeln arbeiten viele Kräfte des Theaters an einem logistischen Riesenprojekt: "Wir erwarten am 10. Juli viele Lkw aus Estland bei uns, um sie mit Bühnenbildern, Requisiten, Kostümen, Masken und technischem Gerät zu beladen", erklärt Bühnenmeister Georg Rütsch. Sobald die Theaterferien begonnen haben, bereitet sich das Theater Krefeld/Mönchengladbach auf einen zehntägigen Arbeitsausflug mit rund 250 Mitarbeitern vor. Vom 18. bis 22. Juli wird das Gemeinschaftstheater fünf Produktionen beim Saaremaa Opernfestival auf der gleichnamigen Insel vor der estnischen Küste aufführen. Eine in diesem Umfang nie da gewesene Aufgabe für das Team. Orchester, Chöre, Solisten, Techniker - alle fahren mit zum Großzelt auf dem Vorplatz einer Burg.

Für die junge Regisseurin Katja Bening, die nach der "Vierton-Oper" in der Fabrik Heeder jüngst im Gladbacher Haus die Oper "Der Konsul" von Gian Carlo Menotti inszenierte, ist die Herausforderung gewaltig. "Einmal sind die Bühnenmaße des Zelts, das 2100 Zuschauern Platz bietet, größer als in unseren Häusern", betont die Verantwortliche des Projekts. Bühnenmeister Rütsch präzisiert: "Das Eröffnungsmaß des Krefelder Bühnenportals beträgt 16 Meter, in Rheydt sogar nur zwölf Meter in der Breite, auf Saaremaa jedoch sind es 18 Meter und 15 Meter in der Tiefe." Die nüchternen Zahlen klingen weniger dramatisch als die daraus resultierenden Umbauten, die derzeit in den Theaterwerkstätten laufen. Dadurch ändern sich Bühnenbauformen etwa bei Verdis "Ein Maskenball" oder beim Operndoppel "Cavalleria rusticana / Gianni Schicchi". So haben Bühnentechniker bewegliche schwarze Wände konstruiert, welche die erweiterten Bühnenaufmaße im Stadttheater markieren. Damit verbunden ist eine veränderte Lichtregie. Die beweglichen Scanner-Scheinwerfer müssen an den Traversen neu justiert werden. "Damit wir wirklich jeden Winkel auf der Zeltbühne ausleuchten können", erklärt Bening. Das bedeutet also minuziöse Neuberechnungen und Planzeichnungen. In Estland stehen weder Seilzüge mit Schnürboden noch ein Orchestergraben zur Verfügung.

Im Bemühen, jeder Inszenierung Authentizität zu sichern, sind Kompromisse unausweichlich: "Wir nehmen einen einheitlichen schwarzen Tanzboden", erklärt der Bühnenmeister. Auf Kunststoffbahnen können vorab alle Stellpunkte für Aufbauten und Requisiten markiert werden. So zum Beispiel die ovalartige Form des Präsidenten-Büros im "Maskenball". Etwas weniger Aufwand benötigen die konzertante Einrichtung des Balletts "Carmina Burana" und die Operngala, die das fünfteilige Programm vervollständigen.

"Der große Unbekannte ist ,Lohengrin'", verrät Katja Bening. Denn diese Arbeit ist noch in der Entstehungsphase. Erst am 15. April wird die Wagner-Oper in Krefeld bei der Premiere konkrete Gestalt annehmen. Dennoch muss die Umsetzung auf der estnischen Ostsee-Insel am 18. Juli bereits jetzt ausgetüftelt werden. Die Ausrüstung für die fünf Produktionen wird, verpackt in 64 Flight-Cases auf zwölf bis 14 Lastwagen, ab 14. Juli nach Rostock gebracht und dort verschifft. "Ambitioniertes Timing", formuliert Georg Rütsch mit Understatement.

(RP)
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