Mönchengladbach Mehr Schutz für junge Gewaltopfer im Gericht

Mönchengladbach · Seit Anfang des Jahres gibt es die Möglichkeit der psychosozialen Prozessbegleitung. Bei Zornröschen, dem Verein gegen sexuellen Missbrauch an Kindern, gibt es schon neun Anfragen.

 Minderjährige Opfer schwerer Sexual- oder Gewalttaten haben einen Rechtsanspruch auf zusätzliche Prozessbegleitung.

Minderjährige Opfer schwerer Sexual- oder Gewalttaten haben einen Rechtsanspruch auf zusätzliche Prozessbegleitung.

Foto: Polizeiliche Kriminalprävention

Es geschieht oft, und vieles dringt nie an die Öffentlichkeit. 450 bis 500 Fälle von sexuellen Missbrauch an Kindern bzw. des Verdachts einer solchen Straftat registrieren die Mitarbeiter bei Zornröschen, dem Verein gegen Missbrauch an Mädchen und Jungen, jährlich. Nicht jede Tat hat ein gerichtliches Nachspiel. Denn häufig scheuen Missbrauchsopfer auch diesen Schritt, weil sie traumatisiert sind und über die schrecklichen Erlebnisse nicht sprechen wollen - vor allem nicht mit Fremden.

Michael Heinemann ist Vorsitzender von Zornröschen und gleichzeitig Rechtsanwalt. Er weiß: "Das Landgerichtsgebäude ist nicht unbedingt ein Wohlfühlort, und umgeben von schwarzen Roben erzählt man nicht gerne, was da Schlimmes unter der Decke passierte." Deshalb begrüßt sein Verein das neue Gesetz, dass Opfer einer Straftat eine psychosoziale Prozessbegleitung beantragen können. Seit Inkrafttreten zu Beginn des Jahres gibt es bereits neun Anfragen dafür bei Zornröschen. Denn hier arbeitet auch Sandra Gottschalk. Sie ist zertifizierte psychosoziale Prozessbegleiterin, und sie weiß, wie man kindlichen und jugendlichen Opfer von Gewalt und Missbrauch die Angst vor dem Prozess nehmen kann. "Bei der Aussage der jungen Zeugen setzen wir uns ganz häufig zwischen Opfer und Angeklagten, damit es keinen Sichtkontakt gibt", sagt die Diplom-Sozialwissenschaftlerin. Denn viele Kinder und Jugendliche könnten es nicht ertragen, wenn sie vor dem Peiniger, der häufig aus der eigenen Familie oder dem persönlichen Umfeld kommt, bei den Schilderungen der schlimmen Dinge die Augen auf einen richtet.

Für rechtliche Dinge sind die psychosozialen Prozessbegleiter nicht zuständig, auch mit dem Tathergang beschäftigen sie sich nicht, denn sie müssen dem Strafverfahren neutral gegenüberstehen. Sie sind ausschließlich dafür da, den jungen Opfern beizustehen, an ihrer Seite zu sein, um das alles nicht alleine durchzustehen. Die Unterstützung beginnt damit an, dass sie den Kindern und Jugendlichen erklären, wer im Gericht wo sitzt. Die Begleiter warten mit den jungen Zeugen gemeinsam, bis sie in den Gerichtssaal gerufen werden und sie erläutern ihnen auf Wunsch das Urteil nach der Verkündung.

Die Prozessbegleitung umfasst das gesamte Ermittlungs- und Strafverfahren vor, während und nach der Hauptverhandlung. Die Begleiterinnen dürfen nicht nur während der Hauptverhandlung anwesend sein, sondern auch bei den Vernehmungen des jungen Opfers bei der Polizei.

Die Mitarbeiter von Zornröschen helfen Familien von Betroffenen bei der Antragstellung auf psychosoziale Prozessbegleitung.

Mehr Informationen, auch zu den weiteren Hilfsangeboten des Vereins Zornröschen sind auf der Internetseite unter www.zornroeschen.de zu finden.

(RP)
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