Sexualmord in Wickrath "Meine Frau bewegt sich nicht mehr"

Mönchengladbach · Im Prozess um einen Sexualmord in Wickrath wurde am Freitag der psychiatrische Gutachter gehört. Auch der Notruf, den der Angeklagte bei der Feuerwehr absetzte, wurde abgespielt. Es war das erste Mal, das die Prozessbeteiligten die Stimme des Angeklagten hörten.

Frau tot in Wohnung in Mönchengladbach-Wickrath gefunden
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Foto: Reichartz

"B., schönen guten Morgen, meine Frau bewegt sich nicht mehr. Die ist voll Blut." Am Freitag haben die Zuschauer beim siebten Prozesstag um einen mutmaßlichen Sexualmord in Wickrath zum ersten Mal die Stimme des Angeklagten gehört. Abgespielt wurde der Notruf, den der Mann am Morgen des 7. Novembers 2016 bei der Feuerwehr absetzte. Bislang schweigt er vor Gericht.

Dem 68-Jährigen wird vorgeworfen, seine Lebensgefährtin so schwer sexuell missbraucht zu haben, dass sie an ihren Verletzungen starb. Am Freitag wurde das psychiatrische Gutachten zum Angeklagten gehört. Für den Sachverständigen ergab sich daraus ein klares Bild: "Bei der Tat handelt es sich um eine sadistisch destruktive Handlung", sagte der Gutachter. Diese sei mit "ganz überwiegender Sicherheit pervers-sadistisch" motiviert gewesen.

Weil B. sich weigerte, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen, wurde dieses Gutachten vornehmlich anhand von Zeugenaussagen, der Aussage des Angeklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung und den Gutachten der Gerichtsmedizin erstellt. Der Angeklagte hatte in seiner Vernehmung ausgesagt, dass ihn die Schläge auf den Körper der stark alkoholisierten Frau erregt hätten. Auch die Verletzungen und die Wehrlosigkeit seines Opfers hätten ihn "vermutlich" weiter stimuliert. Für den Gutachter ergab sich daraus eine "erkennbare Zunahme der Intensität", mit der er sein Opfer misshandelte. "Der gesamte Akt muss eine geraume Zeit in Anspruch genommen haben", sagte er.

Von allen gehörten Zeugen wurde B. als "friedlich", "sozial angepasst" und als eine durchweg "freundliche" Person beschrieben. Als einen Menschen, dem man eine solch grausame Tat nicht zutrauen würde. Dies sei für den Gutachter durchaus üblich für Menschen mit einer sadistischen Entwicklung. "Diese Menschen akzeptieren, dass sie sadistisch gepolt sind", sagte er. Daher sei auch eine solche Tat "nichts völlig Unerwartetes". Der Sadismus habe sich langsam aufgebaut und sei spätestens in dem letzten Vierteljahr der Beziehung an der Lebensgefährtin ausgelebt worden. Dies würden Zeugenaussagen bestätigen, nach denen die 55-Jährige mehrfach blaue Flecken am Körper gehabt habe.

Bei der eingeschätzten Handlungsfähigkeit des Angeklagten herrschte bei Gericht kurzzeitig Verwirrung. Vor der Tat am besagten Novemberabend war das Paar gemeinsam in einer Kneipe. Dort hatte die Frau laut Zeugenaussagen zahlreiche Schnäpse getrunken, B. etwa zehn bis 15 Biere. Laut den Berechnungen des Gutachters kam der Angeklagte auf einen Alkoholgehalt von 2,6 bis 3,1 Promille zur Tatzeit. Staatsanwalt Kluck merkte jedoch an, dass am Morgen der Tatnacht eine Blutabnahme bei B. einen Alkoholgehalt von 0 Promille ergab. Daher konnte der maximale Gehalt zur Tatzeit lediglich 2,2 Promille betragen haben. "Damit ist keine Schuldminderung erkennbar", stellte der Gutachter abschließend fest. Der Angeklagte war laut Zeugenaussagen dafür bekannt, öfter Alkohol zu konsumieren und "trinkfest" zu sein. Andere psychische Erkrankungen habe der Gutachter nach Rücksprache mit dem Hausarzt des Angeklagten ausschließen können.

Die Verteidigung von B. beantragte am Freitag noch eine weitere Zeugenanhörung und das Auswerten von SMS-Nachrichten, die sich das Paar gegenseitig geschickt hat. Aus den Nachrichten solle hervorgehen, dass der Angeklagte als auch das spätere Todesopfer "eindeutig sexuelle Vorlieben" gemeinsam gehabt hätten. Am Montag will das Gericht über die Anträge entscheiden und gegebenenfalls mit den Plädoyers beginnen.

(skr)
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