Mönchengladbach Menschenhandel war nicht zu beweisen - Freispruch

Mönchengladbach · Wegen Zuhälterei und Menschenhandel sollte sich gestern eine 30-jährige Bulgarin vor dem Mönchengladbacher Schöffengericht verantworten. Laut Anklage soll die Frau im November 2014 eine Kindheitsfreundin aus der gemeinsamen Heimat in Mönchengladbach tagelang im Bordellbetrieb der Angeklagten zur Prostitution gezwungen haben. Am 28. November 2014 sei dem Opfer schließlich die Flucht gelungen. Das Geld aus der erzwungenen Prostitution, 2500 Euro, habe die Angeklagte für sich behalten.

Doch gestern dauerte es drei Stunden, bis die Angeklagte, begleitet von zwei Zeuginnen, im Gerichtssaal eintraf. Sie seien noch im Zug unterwegs, hatten sie den Verteidiger per Handy verständigt und ihm dazu Fotos beigefügt. Als die drei Frauen, die sich nach längerer Anreise in Köln getroffen hatten, schließlich gegen 12 Uhr im Gerichtssaal eintrafen, machte die Angeklagte erst einmal von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und schwieg.

Eine 27-jährige Zeugin war aus Mannheim angereist. Sie habe erfahren, dass der Angeklagten damals der Ausweis weggenommen worden und sie zur Prostitution gezwungen worden sei. Aber aus allen Zeugenaussagen ging hervor, dass die Angeklagte bei der Polizei etwas anderes berichtet und eine widersprüchliche Aussage gemacht hatte. Schließlich tauchte in einer Aussage immer wieder der Name "Susi" auf. Tatsächlich sei Susi die Chefin in dem Bordellbetrieb gewesen. Sie hat sich allerdings dem Verfahren entzogen, ist verschwunden.

"Die Susi nahm mir mein Handy weg. So konnte ich nicht meine Mutter anrufen. Wenn ein Kunde kam, hat sie gewartet und ihm erst das Geld abgenommen. Wie viel, weiß ich nicht", erinnerte sich eine Zeugin. Als die Staatsanwältin mahnte "Bei der Polizei klang das alles ganz anders", besann sich eine Zeugin und erklärte: "Ich will nicht, dass hier die falschen Leute bestraft werden. Ich will nichts mehr sagen". Die Bulgarin hatte zunächst eine andere nicht anwesende Landsmännin für die Prostitution verantwortlich gemacht. Die Staatsanwältin sprach von einer "Märchenstunde", die man ihr geboten habe, und forderte Freispruch. Das Schöffengericht verkündete Freispruch auf Kosten der Staatskasse - offenbar hatten die drei Frauen im Zug ihre Aussagen abgesprochen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort