Mönchengladbach Mercedes-Benz gibt Gladbacher Filiale ab

Mönchengladbach · Die Kevelaerer Herbrand-Gruppe übernimmt zum 1. März 2016 die Standorte in Krefeld und Mönchengladbach. Alle Mitarbeiter sollen bleiben, doch sie fürchten um die Tarifbindung. Die IG Metall sieht den Deal mit "Bauchschmerzen".

 Trotz Urlaubszeit beteiligte sich im Juli 2014 ein Großteil der Mercedes-Angestellten an der Demonstration der IG Metall. Unten:

Trotz Urlaubszeit beteiligte sich im Juli 2014 ein Großteil der Mercedes-Angestellten an der Demonstration der IG Metall. Unten:

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Morgen wird Tacheles geredet. Dann stellt der künftige Eigentümer der Gladbacher Mercedes-Benz-Filiale an der Krefelder Straße sich und sein Konzept vor. Und der wird nicht mehr Daimler heißen, sondern Herbrand, wie gestern bekannt wurde. Die familiengeführte, mittelständische Gruppe mit Stammsitz in Kevelaer übernimmt die Mönchengladbacher und die Krefelder Niederlassung des Autobauers, der Betriebsübergang soll zum 1. März 2016 stattfinden. Geplant ist dem Vernehmen nach, die beiden Standorte mit insgesamt rund 200 Mitarbeitern in eine eigenständige, gemeinsame GmbH zu überführen.

 Richard Lacek-Herbrand (li.) und Sven Holtermann, Herbrand-Geschäftsführer.

Richard Lacek-Herbrand (li.) und Sven Holtermann, Herbrand-Geschäftsführer.

Foto: Isabella Raupold (Archiv), Herbrand-Gruppe

"Es ist eine große Chance für unser Unternehmen und ein weiterer Schritt in der erfolgreichen Fortsetzung unserer mehr als 80-jährigen Firmengeschichte", sagten Richard Lacek-Herbrand und Sven Holtermann, Geschäftsführer der Herbrand-Gruppe und Enkel des Firmengründers, zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit der Daimler AG. Über den Preis herrscht Stillschweigen. "Wir wollen ein gesundes, regionales Wachstum", betonen die beiden. Alle Mitarbeiter würden übernommen, "auch um für die Kunden mit bekannten Gesichtern weiterhin der verlässliche Partner vor Ort zu sein". Die Zahl der Mitarbeiter wächst in der Gruppe auf circa 900, darunter über 130 Auszubildende.

Im Mönchengladbacher Haus war gestern trotzdem große Unsicherheit zu verspüren. Im Juli 2014 war ein Großteil der Belegschaft einem Demonstrations-Aufruf der IG Metall gefolgt, weil man sich sorgte: um die guten Arbeitsbedingungen, um Sozialleistungen, darum, dass alte Verträge bald nicht mehr gelten. Und diese Sorgen dürften sich jetzt als durchaus begründet erweisen. "Bis zuletzt waren zwei Bewerber im Gespräch - beide ohne Tarifbindung", sagt Reimund Strauß, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft. "Wir wollen zumindest eine Tarifvertrags-Anerkennung erreichen, selbst wenn Herbrand sich diesbezüglich nicht vertraglich binden lassen will." Die Begeisterung über den Deal halte sich denn auch "in Grenzen", sagt die zuständige Gewerkschaftssekretärin You-Lee Hyun.

Besonders knifflig sei die Situation für die Auszubildenden, die im schon kommenden Monat vor der Wahl stünden: Bei Daimler bleiben, dann aber mit dem Risiko verbunden, bundesweit versetzt zu werden - oder definitiv in der Region zu bleiben, unter dem neuen Herbrand-Dach, aber zu anderen Konditionen. "Wenn ein Betrieb aus der Hand eines sehr geregelten Großkonzerns in die eines Mittelständlers übergeht, ist das notgedrungen mit Kulturveränderungen verbunden", sagt Reimund Strauß. Zumal das Thema Tarifbindung im Kfz-Gewerbe generell "äußerst schwierig" sei: "Wir sehen das alles mit äußersten Bauchschmerzen."

Bisher zählten 158 Niederlassungen zur Daimler-Vertriebsorganisation in Deutschland. 63 von ihnen bekommen aktuell neue Eigentümer. Dazu gehören auch die Standorte Krefeld und Mönchengladbach, bisher an die Niederlassung Rhein-Ruhr angedockt. Die Herbrand-Gruppe ist deutschlandweit eine der großen Autohandelsgruppen. Ihr Umsatz steigt durch die Erweiterung um circa 160 Millionen auf mehr als 410 Millionen Euro. Beim Fahrzeugabsatz plant das Unternehmen in Zukunft insgesamt über 10.000 Pkw und Nutzfahrzeuge pro Jahr zu verkaufen. Zu dem bereits in dritter Generation von den Enkeln des Firmengründers geführten Familienunternehmen gehören aktuell 16 Standorte am Niederrhein und im Westmünsterland.

(RP)
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