Mönchengladbach Zahl der Metzgereien sinkt drastisch

Mönchengladbach · Der Gladbacher Fleischerinnung gehören heute 15 Metzgereien an - 1999 waren es noch 48. Fehlender Nachwuchs stellt das Fleischerhandwerk vor eine ungewisse Zukunft. Doch Marktveränderungen und Trends bieten auch Chancen.

 Josef Baumanns Metzgerei ist eine der wenigen, die noch in Mönchengladbach besteht.

Josef Baumanns Metzgerei ist eine der wenigen, die noch in Mönchengladbach besteht.

Foto: Jan harings

Eigentlich sollte an dieser Stelle etwas ganz anderes stehen. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Erkenntnisse aus über 800 Studien veröffentlicht hat, nach denen der Verzehr von verarbeitetem Fleisch krebserregend sein kann, sollte hier eine Umfrage zu diesem Thema zu finden sein. Doch den Metzger, den man befragen könnte, findet man nicht mehr so einfach um die Ecke. Gab es 1999 noch 48 Betriebe, die der Mönchengladbacher Fleischerinnung angehörten, sind es heute gerade noch 15. Dem Fleischerhandwerk droht ein ähnliches Schicksal wie dem der Bäcker: Es droht, Stück für Stück auszusterben.

Herbert Krapohl, Innungs-Geschäftsführer, kennt die Gründe für diese Entwicklung. "Wir haben viele Fleischereien verloren, weil keine Nachfolge da war. Früher konnten sich Eltern darauf verlassen, dass der Nachwuchs den Betrieb irgendwann übernimmt. Mit den heutigen Ausbildungsmöglichkeiten ist der Fleischerberuf nicht mehr so attraktiv."

Wer beispielsweise Abitur habe, starte mit anderen Voraussetzungen in das Berufsleben, als es vor Jahren war, als nach der Schulbildung in vielen Fällen eine klassische Lehre folgte. Heute sei vor allem der große Erfolg im Beruf wichtig, zudem sähen viele auch vermeintlich bessere Arbeitsbedingungen in anderen Branchen, als der Fleischerei. "Es steckt viel Arbeit dahinter und die Arbeitszeiten sind nicht familienfreundlich. Der Beruf ist schön, aber er ist knochenhart," sagt Krapohl.

Nicht nur fehlender Nachwuchs ist ein Problem für die Zukunft der Fleischereibranche. Auch eine Unmenge von Vorschriften, die Betriebe zu befolgen haben, erschwerten den Alltag der noch bestehenden Metzgereien, so Herbert Krapohl: "Viele Fleischer sagen mir: ,Ich sitze häufiger am Schreibtisch, als dass ich in der Wurstküche stehe'. Der organisatorische Aufwand, der durch die Vorschriften auf die Betriebe zu kommt, ist enorm." Der Kampf um das Fortbestehen klassischer Metzgereien ist hart, doch gibt es für die Betriebe auch Chancen, ihre Zukunft zu sichern, sagt Herbert Krapohl: "Viele Betriebe haben ein zweites Standbein errichtet, bieten Catering, Konserven oder Veranstaltungs-Räumlichkeiten an."

Der Weg in eine erfolgreiche Zukunft führt für die Metzgereien über die Ausweitung ihres Geschäftsmodells und das Erkennen von Trends auf dem Markt. "Deshalb bietet die Innung auch Seminare an, auf denen wir unsere Mitglieder über Trends informieren", sagt Krapohl, der auch eine Veränderung in der Kundschaft erkennt. "Der Kundenstamm, der sonntags eine klassische Rindfleischsuppe kocht, stirbt weg. Junge Leute können das oft einfach nicht mehr", sagt er. Auch Kochkurse seien eine Möglichkeit, den Kundenstamm zu binden oder zu erweitern.

Erkenntnisse wie die der WHO haben laut Josef Baumanns, Inhaber der Fleischerei Baumanns, kaum Einfluss auf das Kaufverhalten seiner Kunden: "Es ist ja nichts Neues, dass ein übermäßiger Konsum von gewissen Lebensmitteln gefährlich sein kann. Es ist ja auch bereits seit längerem bekannt, dass wenn beim Grillen Fett vom Fleisch auf die Holzkohle tropft, dies gefährlich sein kann", sagt Baumanns.

Diese Metzgerei ist vegan
6 Bilder

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Eine Veränderung im Fleischkonsum der Gladbacher konnte Baumanns dennoch beobachten. "Es gibt drei Gruppen von Fleischkonsumenten. Die einen sagen sich mittlerweile: ,Das Fleisch beim Metzger ist zu teuer' und kaufen lieber beim Discounter Industriewurst ein. Die andere Gruppe konsumiert die handwerklich hergestellte Wurst beim Metzger und die dritte Gruppe verzichtet auf häufigen Fleisch- und Wurstkonsum und gönnt sich lieber am Sonntag mal einen Braten oder ein großes Steak", sagt Baumanns. Bei der Auswahl seines Fleisches überlässt Baumanns nichts dem Zufall. Seit Jahren bezieht er sein Schweinefleisch aus einem regionalen Betrieb in Geilenkirchen. Beim Kalbfleisch nimmt er jedoch einen weiteren Weg auf sich: "Als einzige Metzgerei in NRW führen wir das Salzwiesenkalbfleisch vom Adrianenhof in Ostfriesland", erzählt der Metzger. Durch die salzhaltige Luft habe das Fleisch der Tiere einen außergewöhnlichen Eigengeschmack. Für Vegetarier, die auf Fleischaroma nicht verzichten möchten, hat der Metzger kein Verständnis. "Wenn man ein Tofuschnitzel mit Fleischgeschmack essen möchte, da hört bei mir der Spaß auf. Dann soll man doch lieber beim Blumenkohl bleiben", findet Baumanns. Auch die Fleischerei Baumanns ist vom Problem des fehlenden Nachwuchses betroffen. Baumanns' Töchter haben studiert und werden den Betrieb nicht übernehmen. Die Zukunft der Fleischerei ist ungewiss.

(skr)
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