Robert North Mit 68 weiter Tanzgeschichten erzählen

Mönchengladbach · Der Ballettdirektor hat seinen Vertrag am Theater bis 2020 verlängert. Im Gespräch erklärt er die Gründe.

 Denkt noch lange nicht an Rente: Robert North wird bis 2020 am Gemeinschaftstheater für Tanztheater und Ballett verantwortlich zeichnen.

Denkt noch lange nicht an Rente: Robert North wird bis 2020 am Gemeinschaftstheater für Tanztheater und Ballett verantwortlich zeichnen.

Foto: Ilgner

Nach der Vertragsverlängerung, die übrigens gleichermaßen auch Ihre Vorstandskollegen vollzogen haben, werden Sie bis August 2020 am Theater Krefeld/Mönchengladbach für das Tanztheater und Ballett verantwortlich sein. Wie alt werden Sie sein, wenn Sie in Rente gehen?

Robert North (lacht) Eigentlich könnte ich ja schon längst in Rente gehen, ich bin jetzt 68. Also werde ich 2020 fast 75 Jahre auf dem Buckel haben.

Damit übertreffen Sie die neue Regel der Rente mit 67 um etliche Jahre. Warum wollen Sie so lange arbeiten?

North Arbeit ist ein relativer Begriff. Für mich ist mein Tun am Theater etwas anderes: Ich mache das hier mit Leidenschaft, weil ich als Choreograf und Ballettlehrer einer Compagnie so viel Gelegenheit zu kreativer Entfaltung habe. In meinem langen Berufsleben als Tänzer und Choreograf freue ich mich, etwas von meiner Erfahrung an junge Tänzerinnen und Tänzer weiterzugeben. Gerade auch die didaktische Seite dieser Arbeit reizt mich sehr.

Sie haben einige Jahre lang eine Professur für Choreografie an der Hochschule für Musik und Tanz in München ausgeübt. Da hätten Sie sicherlich auch als Künstler in einer größeren Stadt einen Job gefunden, der Ihnen die Arbeit als Choreograf ermöglicht. Sie und Ihre Frau Sheri Cook sind aber am Niederrhein geblieben. Weshalb?

North Ich war schon an etlichen Theatern. Was mich an die Arbeit hier bindet, sind zweierlei Dinge: Einmal gibt es hier ein unglaublich treues, tanzbegeistertes Publikum. Das ist nicht nur bei den Ballettpremieren immer wieder zu spüren. Auf der anderen Seite habe ich hier Gelegenheit, meine Vorstellungen als Choreograf vollauf zu realisieren und kontinuierlich mit den Tänzern zu arbeiten. Wenn ich an einem Theater zum Beispiel in Berlin oder München arbeiten würde, müsste ich dort immerzu das Repertoire bedienen. Und in Stuttgart müsste ich auf jeden Fall in der Arbeit die Traditionslinien von Marius Petipa und John Cranko beachten. Weil das an den großen Ballettzentren so ist, hat zum Beispiel auch Pina Bausch es vorgezogen, immer in Wuppertal zu bleiben. Hier in Mönchengladbach und Krefeld kann ich prägend meine Vorstellungen von Tanz, meine stilistischen Ideen umsetzen.

Wollen Sie sagen, dass Sie hier mehr künstlerische Freiheiten haben?

North Genau so ist es. Hier kann ich frei arbeiten, meinen Vorstellungen eines erzählenden Balletts folgen, Tanz-Geschichten erzählen — und das Publikum ist dafür immer ganz offen. Die Ballettfreunde lieben es, was wir hier auf die Bühne bringen. Das ist toll!

Haben Sie konkrete Pläne für Ihre Arbeit in den nächsten Jahren?

North Gewiss, aber ich darf über den Spielplan der kommenden Spielzeit noch nichts verraten. Grundsätzlich freue ich mich sehr darauf, dass ich Stücke erarbeiten kann, für die es noch keine komponierte Musik gibt. Die Zusammenarbeit mit Komponisten wie zuletzt mit Christopher Benstead beim Ballett "Carmen" ist mir sehr wichtig. Wenn Sie an eine Hoch-Zeit des internationalen Balletts zurückdenken, nämlich als Sergej Diaghilew vor dem Ersten Weltkrieg in Paris mit seinen "Ballets Russes" arbeitete, wissen Sie, dass damals eben nicht auf bestehendes Repertoire zurückgegriffen wurde. Vielmehr hat Diaghilew wesentlich dazu beigetragen, dass ein Komponist wie Igor Strawinsky durch ganz moderne Ballettmusik berühmt wurde.

Wollen Sie mit dem Ensemble auch mal auf Tour gehen?

North Das haben wir schon wiederholt getan, so waren wir zum Beispiel zuletzt in Bielefeld und Koblenz eingeladen; auch in Italien und Russland haben wir schon getanzt. Solche Erfahrungen tragen übrigens dazu bei, dass die Compagnie zusammenwächst. Sie wird so etwas wie eine Familie.

Deutschland ist kein klassisches Ballettland. Insbesondere Jungen machen sich in den Ballettschulen rar. Haben Sie Probleme, männlichen Tänzernachwuchs zu akquirieren?

North In München hatten wir überraschend viele männliche Eleven. Das Verhältnis zu den Tänzerinnen war fast paritätisch. Natürlich ist das nicht überall so. In anderen Ländern, wie Russland oder Dänemark, findet die Tanzkunst auch bei Männern viel Zulauf. Ich gebe zu, es ist keine leichte Sache, immer wieder tänzerischen Nachwuchs für unsere Compagnie zu gewinnen. Aber bisher hatte ich nicht wirklich das Problem, Stellen mit hoch qualifizierten Tänzern zu besetzen.

DIRK RICHERDT SPRACH MIT ROBERT NORTH.

(RP)
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