Mönchengladbach Mit "Halbstark" zu mehr Toleranz

Mönchengladbach · Steffen Andritzke vom Fanprojekt setzt sich für Kinder und Jugendliche ein. In seinem Verein "Halbstark" wachsen Kurden und Türken, Serben und Kroaten, Polen und Russen in Sportmannschaften zu einer Einheit zusammen.

Normalerweise haben alle Spieler einer Fußballmannschaft das gleiche Trikot an. Doch beim Team von Steffen Andritzke ist das anders. Jeder der acht Jungs trägt beim Turnier der Nationen, das auf dem Bolzplatz hinter dem Fanhaus des Jugendzentrums "De Kull" stattfindet, ein unterschiedliches Trikot. Denn die Jungen kommen alle aus verschiedenen Ländern und zeigen das stolz. Das Besondere daran ist, dass die Achtklässler trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft eine Einheit bilden. Denn dort, wo sie großwerden, ist das alles andere als normal.

Steffen Andritzke, der seit 1995 ehrenamtlich im Fanprojekt von Borussia Mönchengladbach aktiv ist, setzt sich besonders für Kinder und Jugendliche aus sozialen Brennpunkten ein. Deshalb gründete er vor zweieinhalb Jahren zusammen mit sechs weiteren Gründungsmitgliedern den Verein "Halbstark", dessen erster Vorsitzender er ist. Ziel ist es, Werte wie Toleranz, Gutherzigkeit und Ehrlichkeit zu fördern. Außerdem wirkt der Verein Gewalt bei Fußballveranstaltungen entgegen und vermittelt ein friedliches Miteinander zwischen den verschiedenen Fangruppierungen. Die Ehrenamtlichen des Vereins haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft zu integrieren und Schwächeren zu mehr Selbstbewusstsein zu verhelfen.

Einmal pro Woche trainiert Steffen Andritzke die Jungen im Alter von zwölf bis über 25 Jahren im Kung Fu. Regeln gibt es bei Andritzke nur eine einzige: Wer streitet, fliegt raus! "Über den Sport können wir sehr gute integrative Arbeit leisten und Vorurteile abbauen", betont Steffen Andritzke. Für ihn ist es das Schönste zu sehen, wie zum Beispiel Kurden und Türken, Serben und Kroaten oder Polen und Russen während der wöchentlichen Trainings zu einer Einheit heranwachsen. Neben Fußball und Kung Fu lässt Andritzke auch immer wieder Übungen aus dem Qi Gong miteinfließen. "So zeige ich den Jungs, dass es sehr wohl möglich ist, innerlich zur Ruhe zu kommen", erzählt der gebürtige Weimarer. Das kann auch Rama bestätigen: "Seit ich Kung Fu mache, hat sich mein Leben verändert." Früher hat der Junge oft Mist gebaut, sich geprügelt und in der Schule nicht aufgepasst. Jetzt hat er gelernt, sich bei Problemen an Steffen Andritzke zu wenden, der ihm dabei hilft, Lösungen zu finden. Andritzke trainiert aber nicht nur Jungs. Er betreut auch Selbstverteidigungsgruppen für Mädchen und Frauen und verhilft ihnen zu mehr Selbstbewusstsein.

Doch das Größte für alle ist, wenn Steffen Andritzke sie zu Heimspielen der Borussia mitnimmt. "Durch das Fanprojekt ist es uns möglich, so viele Karten zu bekommen. Für diese Hilfsbereitschaft sind wir unglaublich dankbar", sagt Andritzke. Denn der Verein Halbstark hat bisher nur 19 zahlende Mitglieder. Doch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die mit Steffen Andritzke und den anderen Helfern Sport machen, ist viel höher. "Kinder, die bei Ausflügen noch nicht einmal etwas zu essen oder zu trinken von zu Hause mit auf den Weg bekommen, können sich den Mitgliedsbeitrag von 13 Euro im Jahr nicht leisten", sagt Steffen Andritzke. Daher ist der Verein Halbstark stets auf Spenden angewiesen, um mit den Kindern und Jugendlichen auch mal Ausflüge mit Übernachtungen machen zu können. Weitere Informationen zum Verein und Möglichkeiten zu helfen gibt es im Internet unter www.halbstark-verein.de.

(RP)
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