Serie Mein Erstes Auto (10) Mit Räng-Täng-Täng auf Sonntagsfahrt

Mönchengladbach · Es war das Jahr 1949. Käthe Ebus' damaliger Freund und späterer Ehemann war stolzer Besitzer eines Kleinlasters. Die Marke: Tempo. Dabei hatte der Zweitakter gerade einmal 12,5 PS. Weil viele mitfahren wollten, wurden Sessel auf der Ladefläche aufgebaut.

 Käthe Ebus hat selbst kein Foto mehr von ihrem Tempo. Aber so ähnlich wie auf dem Foto oben muss er wohl ausgesehen haben. Als es am Alten Markt ein Piaggia-Treffen gab, ging Käthe Ebus hin, um mal wieder Autos mit drei Rädern zu sehen.

Käthe Ebus hat selbst kein Foto mehr von ihrem Tempo. Aber so ähnlich wie auf dem Foto oben muss er wohl ausgesehen haben. Als es am Alten Markt ein Piaggia-Treffen gab, ging Käthe Ebus hin, um mal wieder Autos mit drei Rädern zu sehen.

Foto: Schütz/van Offern

Er war laut, nicht besonders schnell, hatte nur ein Vorderrad, und der Rückspiegel gehörte zu den Extras, für die ein Aufpreis gezahlt werden musste. Der Kleinlaster der Marke "Tempo" gehörte trotzdem lange Zeit zu den beliebtesten Nutzfahrzeugen. Auch Käthe Ebus verbindet mit ihm nur positive Erinnerungen. Und sie war stolz, dass ihr damaliger Freund und späterer Ehemann Besitzer eines Tempos war.

Es war das Jahr 1949: Käthe Ebus' Freund hatte, nachdem er aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, seine Meisterprüfung als Malermeister abgelegt und sich selbstständig gemacht. Die ersten Aufträge trudelten ein. Solange die Arbeitsstellen in der Nachbarschaft lagen, war alles kein Problem. Bei weiten Wegen kam das Werkzeug in eine Ziehkarre. Aber eine befriedigende Lösung war das nicht.

Serie Mein Erstes Auto (10): Mit Räng-Täng-Täng auf Sonntagsfahrt
Foto: van Offern, Markus (mvo)

Dann wurde Käthe Ebus' Vater ein Tempo angeboten. "Im Volksmund wurde der Wagen Dretömp genannt", erzählt die Mönchengladbacherin. 500 Mark sollte er kosten, davon sollte Käthe Ebus' Vater 50 Mark Provision bekommen. Damals war das Geld knapp. Aber Käthe Ebus' Freund kaufte den Tempo. Die Aussicht, schnell zur Arbeitsstelle zu kommen, ohne das Werkzeug schleppen zu müssen, war einfach zu schön. "Für die Arbeit war der Tempo prima", erzählt Käthe Ebus. Das Schönste seien für sie aber die Sonntagsfahrten gewesen. "Wir fuhren zum Heidweiher zum Baden und waren stolz wie sonst was", erzählt Käthe Ebus. Ein Auto zu besitzen, war damals noch eine Seltenheit. Das störte auch das Räng-Täng-Täng-Geräusch nicht, das der Zweitakter beim Fahren machte. Jeder wollte mitfahren. "Meine Eltern saßen hinten auf der Ladefläche in zwei kleinen Sesseln", berichtet Käthe Ebus. Das sei damals noch gestattet gewesen. Und weil der Freund von Käthe Ebus' Vater es auch liebte, mit dem Auto kutschiert zu werden, kam auch er noch auf die Ladefläche. "Wie es sein muss, war auch einmal ein schweres Gewitter, und drei auf der Ladefläche wurden samt Sessel pitschenass", erinnert sich Käthe Ebus. Später ließen sich am Tempo die Fenster nicht mehr hochdrehen, also zog es auch im Wageninneren oft tüchtig.

Einmal hatte Käthe Ebus' Ehemann einen Auftrag in der Firma, in der sie selbst arbeitete. Der Malermeister bekam sofort einen weiteren Auftrag. Er sollte den Chef seiner Frau zum Kegeln fahren, was er auch machte. Am nächsten Morgen in der Firma sagte der Chef: "Wir müssen die Käthe höher versichern. Das ist ja lebensgefährlich, mit so einem Ding zu fahren." Der Tempo hatte tatsächlich eine Neigung zum Umkippen. Einmal passierte es am Geroplatz. "Mein Mann fuhr eine steile Kurve, und der Tempo kippte um. Freundliche Passanten halfen ihm und den Tempo wieder auf die Beine beziehungsweise Räder", erzählt Käthe Ebus.

Endlich motorisiert konnte das Ehepaar Ebus auch einen Freund in Düsseldorf besuchen. "Es wurde ein Lokal ausgemacht, wo wir zusammen essen wollten. Als wir uns später verabschiedeten, fragte ich meinen Mann ganz laut: ,Hast Du auch die Autoschlüssel?'" Es war ja nicht so selbstverständlich, Autobesitzer zu sein. Und unser Tempo war ein Auto, auch wenn er nur drei Räder hatte", erzählt Käthe Ebus, und fügt ehrlich an: "Ich wollte angeben."

Später haben Käthe Ebus und ihr Mann einen Ford FK 100 bekommen. "Aber an den Tempo und die vielen Erlebnisse haben wir noch oft gedacht", berichtet die Mönchengladbacherin. Ein Foto hat sie leider nicht mehr von ihrem Tempo. "Denn für eine Kamera hat das Geld zu der Zeit nicht gereicht", sagt sie,

Als aber vor circa fünf Jahren ein Piaggio-Treffen auf dem Alten Markt stattfand, ging Käthe Ebus hin. "Die Piaggios haben ja auch nur drei Räder. Die habe ich mir angesehen und alte Erinnerungen aufleben lassen."

(RP)
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