Mönchengladbach

Warum stellen sich junge Mönchengladbacherinnen an einem Freitagnachmittag hin und erklären Menschen aus Syrien, Mazedonien oder Eritrea die Grundzüge der deutschen Sprache? Warum gehen sie mit ihnen in die Stadtbibliothek, ins Museum oder in den Zoo? "Der Kontakt zu den Menschen ist einfach schön", sagt Cora Straßburg. "Man freut sich immer schon auf die nächste Stunde." Die 29-jährige Studentin gibt seit dem vergangenen Sommer regelmäßig Deutschunterricht in der Flüchtlingsunterkunft an der Viktoriastraße.

Zu ihren Mitstreiterinnen - der ehrenamtliche Deutschunterricht wird fast ausnahmslos von Frauen getragen - gehören Kerstin Jansen, die die organisatorischen Aufgaben übernommen hat, und Nadine Ponto, die ebenfalls unterrichtet. Auch sie haben viel Spaß an der ehrenamtlichen Aufgabe, die allerdings enorm zeitaufwendig ist. "Es kommt aber auch viel zurück", erklärt Nadine Ponto. "Wir werden zum Tee eingeladen, die Leute aus dem Haus bringen etwas zu essen, es entwickeln sich Freundschaften." Die menschliche Ebene ist wichtig.

Inzwischen ist die Gruppe, die in der Viktoriastraße Deutschunterricht erteilt, auf etwa zehn Leute angewachsen. Das Altersspektrum der Helfer reicht von 17 bis 64 Jahre. Insgesamt gibt es in diesem Bereich etwa fünfzehn verschiedene Initiativen in der Stadt. Auf freiwilliger Basis bieten sie Deutschunterricht für Flüchtlinge, die kein Anrecht auf offizielle Kurse haben, solange ihr Verfahren läuft, an. Ein großes Angebot, aber die Nachfrage ist noch größer.

Im Sommer 2014 war das noch anders. Damals gab es nur drei Kurse, wenig Erfahrung unter den Ehrenamtlern und wenig Lehrmaterial. "Wir haben uns die Materialien angesehen, die es gab, und waren frustriert", berichtet Nadine Ponto, die Englisch und Französisch auf Lehramt studiert. Gemeinsam mit Cora Straßburg hat sie ein eigenes Lehrbuch erstellt. Sinnvoll: Es beginnt mit dem lateinischen Alphabet, denn viele der Flüchtlinge kommen aus Ländern mit anderen Schriftsystemen. Sie haben Material für zwei aufeinander aufbauende Kurse zusammengestellt, die jeweils vier Wochen umfassen. Jeder Kurs hat zweimal pro Woche eineinhalb Stunden Unterricht. An die insgesamt acht Wochen schließt sich ein Konversationskurs an, in dem die Teilnehmer nicht nur ihr Deutsch anwenden können, sondern auch ein wenig Stadt- und Landeskunde auf dem Programm stehen. "Wir zeigen anhand einer Deutschlandkarte die verschiedenen Regionen, wir erklären, was Weihnachten, Karneval oder Ostern ist oder sprechen darüber, welche Einrichtungen es in Mönchengladbach gibt", erklärt Cora Straßburg.

Oder die Gruppe macht sich auf, um sich die Stadtbibliothek anzusehen. Die Bücherei habe ein großartiges Angebot für wenig Geld, meinen die Helferinnen. Je besser man sich kennenlernt, desto mehr Fragen stellen die Teilnehmer. Wenn der Amtsschimmel wiehert, ist oft Übersetzung gefragt. Oder auch Begleitung zur zuständigen Behörde. "Man wächst mit den Aufgaben und der Erfahrung", stellt Kerstin Jansen fest.

Obwohl es inzwischen viele Deutschkurse gibt, werden ehrenamtliche Lehrkräfte weiter gesucht. "Man muss nicht drei Stunden pro Woche unterrichten, auch eine geringere Stundenzahl ist möglich", sagt die Organisatorin. Außerdem soll ein Alphabetisierungskurs eingerichtet werden, für Flüchtlinge, die nicht lesen und schreiben können. Dafür werden ebenfalls Helfer gesucht. Die Koordination der ehrenamtlichen Sprachangebote liegt bei der Stadt. Ansprechpartnerin ist Annett Wellnitz.

ANGELA RIETDORF

(RP)
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