Mönchengladbach Laterne, Laterne! - Kürbis, Kürbis?

Mönchengladbach · Halloween und St. Martin sind zwei Feste, die zeitlich miteinander konkurrieren - alte Tradition gegen neue Tradition. Wir erklären, wie beides in Mönchengladbach gefeiert wird, was das mit Allerheiligen zu tun hat - und warum das Lied "Loop Müller loop" kein Martinslied ist.

Mönchengladbach: Halloween und St. Martin 2016 konkurrieren miteinander
Foto: dpa

Neue Tradition Halloween gegen alte Tradition St. Martin. Eigentlich zwei Feste, welche unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite das heitere und farbenreiche Martinsfest und auf der andern Seite das gruselige und düstere Halloween. Und dennoch konkurrieren sie miteinander. Zumindest, wenn es um den zeitlichen Aspekt geht. Die ersten Martinszüge der Schulen ziehen in Mönchengladbach schon am 3. November. Also gerade mal drei Tage liegen zwischen Halloween und dem ersten Martinszug. Auffällig ist die sinkende Teilnehmerzahl an den Martinszügen. Dagegen gibt es heute in fast jedem Dorf eine Halloween-Party und in Mönchengladbach auch extra Halloween-Touren in Form von Stadtführungen. Konkurrieren diese Feste also nicht nur aus zeitlicher Perspektive miteinander, sondern auch, wenn es darum geht, welches das beliebtere ist?

Sowohl an Halloween als auch beim St. Martinsfest wird an den Türen geklopft und nach Süßigkeiten gefragt. Parallelen bestehen also zwischen beiden Festen, dennoch ist sich Dr. Dagmar Hänel, Leitung der Abteilung Volkskunde vom Landschaftsverband Rheinland, sicher: "Halloween stellt keine Bedrohung für St. Martin dar, wenn, dann schon eher für das Allerheiligenfest." Was viele gar nicht wissen, die Martinszüge gibt es erst seit 1823. Der erste Martinszug fand übrigens in Düsseldorf statt.

Ob es nun die prächtigen Laternen oder der Geruch von frischen Weckmännern sind - die meisten Menschen können mit dem Martinsfest sofort etwas verbinden. Die Geschichte ist bekannt, und sie erzählen sie gerne ihren Kindern weiter. "Es ist dagegen auffällig, dass die meisten Kinder nicht viel über Halloween wissen und Aufklärungsarbeit nötig ist", sagt Corinna Greven, Stadtführerin in Mönchengladbach, die die Halloween Touren begleitet. Das Halloween-Fest ist in den 90er Jahren aus Amerika nach Deutschland zurückgekehrt. Die Betonung liegt auf zurückgekehrt, denn schon früher gab es das Allerheiligenfest, bei dem die Menschen von Haus zu Haus gezogen sind und Lebensmittel gesammelt haben. Der Name Halloween bedeutet nichts anderes als "All Hallows' Eve", also der Abend vor Allerheiligen. Halloween ist eng mit Allerheiligen verbunden. Irische Einwanderer brachten es angereichert mit keltischen Traditionen nach Amerika. Und von dort ist es zurückgekommen.

Die Halloween-Touren, die die Stadt Mönchengladbach anbietet, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. "Die Touren sind immer gut besucht, und sie sind angesagt bei den Kindern. Dennoch empfinde ich es nicht so, dass Halloween beliebter ist als St. Martin", sagt Corinna Greven. Das macht sie auch an der Tatsache fest, dass kaum noch jemand an Halloween bei ihr klingeln käme und der Trend klar zurückgehe. Unterstützung bekommt sie bei ihrer Beobachtung von der Abteilungsleiterin für Volkskunde des Landschaftsverbandes Rheinland. "Halloween wird eher im Privaten gefeiert und es gibt immer mal wieder solche Hype-Phasen. Im darauffolgenden Jahr flacht es dann wieder ab. Und so entsteht keine durchgehende Begeisterung für Halloween", sagt sie. Gut zu erkennen sei dies auch im Einzelhandel. "Mal gibt es ganze Bereiche oder Tische, die mit Halloween-Artikeln gefüllt sind, und im nächsten Jahr findet man kaum solcher Artikel", sagt Hänel vom Landschaftsverband Rheinland.

Das sehen viele Kinder in Mönchengladbach ähnlich. So sagen Dora und Nikola, beide neun Jahre alt: "Bei uns wird Halloween gar nicht so gefeiert. Wir sammeln auch keine Süßigkeiten an Halloween. Wir gehen lieber zu den Martinszügen, weil wir da mit unseren Freunden und mit den Laternen durch die Straßen ziehen können." Auch Lia (7) findet die St. Martinszüge schöner. "Wir basteln jedes Jahr Laternen in der Schule und ziehen dann mit dem Martinszug mit. Ich finde das schöner als Halloween, da kriegt man am Ende auch immer einen Weckmann." Es gibt aber auch Kinder, die eher Halloween bevorzugten.

"Wir haben viele Produkte aus Amerika, Halloween ist ein Teil davon, es ersetzt aber nicht unser Traditionsfest St. Martin", meint Stadtführerin Greven. Der Mönchengladbacher Jan Hanser (38) findet: "St. Martin ist tief im deutschen Kulturgut verankert und transportiert eine enorm wichtige Botschaft. Ich habe aber nichts gegen Halloween, denn ich gehe mit meiner Familie sowohl auf eine Halloween-Party als auch auf einen Martinsumzug." Auch Manfred Jerabeck (54) glaubt, dass beide Feste nebeneinander existieren könnten, ohne dass eines von beiden aussterben müsse. In Mönchengladbach wird die Tradition gepflegt. Die Befürchtung allerdings, dass es in naher Zukunft Saures für das Martinsfest gibt, ist unbegründet.

Was sich beim Thema Tradition auch nicht verändert hat, sind die Lieder, die während des Martinszuges gesungen werden. Fest zum Repertoire der Mönchengladbacher Lieder gehört unter anderem "Loop Möller Loop". Die Kinder lernen das alte Lied im Kindergarten oder in der Schule, und auch den meisten Erwachsenen ist das Lied nicht fremd. "Das ist ein Standard-Lied, wir können das alle mitsummen, aber den Text kennen wir nicht", muss Nadine Yerebeck (40) zugeben. Damit ist sie aber nicht alleine, denn den meisten ist das Lied auf Plattdeutsch nicht mehr so geläufig. Kurt Gietzen, Experte für das Gladbacher Platt und Mitglied der Mundart-Autoren, weiß genau, was viele nicht mal ahnen: Bei dem Lied handelt es sich eigentlich gar nicht um ein Martinslied. "Loop Müller Loop" ist ein altes Volkslied, welches vor über 100 Jahren in Kempen (Kreis Viersen) gesungen wurde. Warum man dieses Lied bei Martinszügen singt, "das weiß keiner so genau", sagt Kurt Gietzen. "Das sind Ohrwürmer, die nicht mehr aus dem Kopf gehen und dann werden sie auch an St. Martin gesungen. Inzwischen singt man das Lied überall am Niederrhein", sagt er. Für die Rheinische Post hat er den plattdeutschen Text ins Hochdeutsche übersetzt. So kann jeder nachvollziehen, dass er über die unterschiedlichsten Getreidearten des Müllers singt, statt über St. Martin.

(RP)
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