Mönchengladbach Mönchengladbach tritt dem Deutschen Riga-Komitee bei

Mönchengladbach · Während Marie Lina Hanke (14) begleitet von Klaus Paulsen am Klavier sehr bewegend eine Arie von Vivaldi vorträgt und die im Ratssaal Versammelten auf die Unterzeichnung der Urkunde über die Mitgliedschaft im Riga-Komitee warten, springt immer wieder die Tür des Ratssaals auf. Ein kleiner Vorfall mit symbolischer Bedeutung: Die Tür in die Vergangenheit lässt sich nicht einfach verschließen. Die Vergangenheit verlangt ihr Recht. Die Opfer von Gräuel und Unmenschlichkeit ebenso. Sie sollen nicht vergessen werden. Deshalb ist die Stadt jetzt dem Deutschen Riga-Komitee beigetreten. "Einen wichtigen Schritt gegen das Vergessen" nennt das OB Hans Wilhelm Reiners.

Am 2. März 1880 wurde in Odenkirchen Julius Frenkel geboren. Fünf Jahre später, ebenfalls am 2. März, erblickte Meta Geisenberg das Licht der Welt. Beide waren jüdischen Glaubens und Bürger der Stadt. Am 11. Dezember 1941 werden sie mit weiteren 178 Männern, Frauen und Kindern von Düsseldorf aus nach Riga deportiert. Alle sterben an Kälte, Hunger, Folterungen oder werden ermordet und im Wald von Bikernieki verscharrt. Insgesamt sterben in Riga mehr als 25.000 deutsche Juden. Am 2. März 2018 tritt die Stadt dem Riga-Komitee bei, um die Erinnerung an die Opfer lebendig zu halten.

Am 24. Mai vergangenen Jahres hatte der Rat mit den Stimmen aller Fraktionen den Beitritt beschlossen. Mönchengladbach ist die 55. Kommune, die eine Beitrittserklärung unterzeichnet hat. Das Riga-Komitee wurde im Jahr 2000 durch Vertreter von 13 deutschen Großstädten und den damaligen Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Karl-Wilhelm Lange, gegründet. Lange hatte 1999 im Wald von Bikernieki eine verwahrloste Gedenkstätte vorgefunden, die pauschal für die Opfer des Faschismus angelegt worden war.

2001 wurde eine würdige Gedenkstätte fertiggestellt. "Die Gräber- und Gedenkstätte im Wald von Bikernieki leistet - nun auch dank der Stadt Mönchengladbach und ihrer Bürger - einen wesentlichen Beitrag dazu, den Opfern ihre Identität zurückzugeben", so formulierte es Anne Lütkes in ihrer Rede. Die ehemalige Regierungspräsidentin war als Bezirksvorsitzende des Volksbunds der Kriegsgräberfürsorge zur Feierstunde gekommen. "Wir dürfen in der Erinnerungsarbeit nicht nachlassen", appellierte sie an die Gäste. Auch Vertreter der jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit waren bei der Unterzeichnung anwesend. OB Reiners nannte Besuche von Gladbacher Schülern in Auschwitz wichtige Bausteine, "um das Erinnern über die heutige Generation hinauszutragen und mit einer friedlichen Perspektive für die Zukunft zu versehen".

(arie)
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