Aktion Rp-Telefonsprechstunde Monatlich eine Spritze gegen die Allergie

Mönchengladbach · Bei der RP-Telefonaktion standen die Allergieexperten Sonja Lämmel, Claus Nüchel und Ralph Köllges Rede und Antwort.

 Sie waren gestern am RP-Telefon: Sonja Lämmel, Claus Nüchel (l.) und Ralph Köllges.

Sie waren gestern am RP-Telefon: Sonja Lämmel, Claus Nüchel (l.) und Ralph Köllges.

Foto: Rietdorf

Allergien sind mehr als ein bisschen Heuschnupfen, Allergien sind Volkskrankheiten, die die Lebensqualität der Betroffenen beträchtlich einschränken. Und zwar nicht nur, wenn die Pollen fliegen. Die drei Experten am RP-Telefon jedenfalls wurden, obwohl es Frühling wird, selten nach Pollenallergien gefragt. Vielmehr kam die ganze Bandbreite allergischer Reaktionen und allergieauslösender Phänomene zur Sprache. Gut, dass auch die drei Allergieexperten Sonja Lämmel, Claus Nüchel und Ralph Köllges breit aufgestellt sind: Lämmel ist Ökotrophologin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB), Nüchel Allergologe und Hautarzt, Köllges Allergologe und Kinderarzt.

Allergien sauber zu diagnostizieren ist wahrhaftig nicht so leicht, wie es sich anhört. Die meisten werden die gängigen Hauttests kennen, bei denen die möglicherweise allergieerregenden Substanzen auf die Haut aufgebracht werden, um die Reaktion zu testen. Gibt es eine Reaktion, ist der Betroffene allergisch. So weit, so ungenau. Denn die Reaktion allein besagt noch nicht, dass der Betroffene unter dieser Allergie tatsächlich leidet, dass sie den Körper zu unerwünschten Reaktionen zwingt. "Zu mir kommen Menschen mit Listen von dreißig oder vierzig Lebensmitteln, bei denen die Tests positiv waren", erklärt Sonja Lämmel vom DAAB.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Betroffenen die Lebensmittel alle und in jeder Form meiden müssen. Es gibt heute Funktionstests, die zeigen, ob die Allergie überhaupt Probleme bereitet. "Von den dreißig Lebensmitteln auf der Liste waren nur zwei relevant", sagt die Ökotrophologin des DAAB. Bei allen anderen war nur die Testung positiv, sie bereiteten aber keine Beschwerden. "Eine saubere Diagnose ist das A und O in der Allergiebehandlung", sind sich die Ärzte Nüchel und Köllges einig. Weiß man, welcher Stoff oder welche Stoffe die Beschwerden auslöst, kann man die Allergie auch behandeln. Am besten durch eine Hyposensibilisierung. Und zwar je früher, desto besser, um zu verhindern, dass es zu einem sogenannten Etagenwechsel kommt. Dann äußert sich die Allergie nicht mehr nur durch Niesen oder tränende Augen, sondern schlägt auf die Atemwege und kann zum allergischen Asthma werden.

Bei Kindern kann man mit sechs Jahren auf jeden Fall mit einer Hyposensibilisierung beginnen. "Viele Patienten glauben, dass die Hyposensibilisierung bei ihnen nicht funktioniert", sagt Allergologe Nüchel. "Aber in den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich viel getan, die verwendeten Mittel sind heute konzentrierter." Und damit wirken sie auch, wie Studien belegen. Allerdings braucht man bei der Behandlung Geduld, drei Jahre, in denen monatlich eine Spritze gegeben wird, reichen unter Umständen nicht aus. Kinderarzt Köllges, als Kind selbst Allergiker, weiß das aus eigener Erfahrung. "Bei mir hat es insgesamt neun Jahre gedauert", erzählt er. Aber die Geduld lohnt sich: Die Hyposensibilisierung ist die einzige Therapie, die die Ursache der Allergie bekämpft. Und sie hat eine hohe Erfolgsquote.

Allerdings kann die Diagnose von Allergien in richtiggehende Detektivarbeit ausarten. So gibt es Unverträglichkeiten, die sich nur äußern, wenn ein bestimmter Triggerfaktor dazu kommt. Sport zum Beispiel. "Die Allergie tritt nur in Kombination auf", erklärt Sonja Lämmel. "Die Betroffenen können Weizen normalerweise essen. Wenn sie aber anschließend Sport treiben, setzt die allergische Reaktion ein." WDEIA heißt dieses Phänomen, das vermehrt bei jungen sportlichen Menschen auftritt. Auf den Zusammenhang zwischen dem Sport und dem zuvor gegessenen Müsliriegel muss man erst mal kommen.

Auch in Wohnungen und Häusern verbergen sich viele allergieerregende Stoffe: Zu den am weitesten verbreiteten Auslösern gehören Hausstaubmilben und Schimmelpilze. "Allergiker sollten keine Vorhänge, keine Teppiche und keine Pflanzen in der Wohnung haben", fasst Experte Claus Nüchel zusammen.

(RP)
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