Mönchengladbach Museum erhält wertvolle Thora-Rolle aus Rheydter Synagoge

Mönchengladbach · Auf einem Dachboden wurde die alte Handschrift 2002 entdeckt. Nun gibt die Jüdische Gemeinde das Werk dem Rheydter Museum.

 Leah Floh, Dr. Karlheinz Wiegmann und Oberbürgermeister Norbert Bude vor der Vitrine mit der Thorarolle.

Leah Floh, Dr. Karlheinz Wiegmann und Oberbürgermeister Norbert Bude vor der Vitrine mit der Thorarolle.

Foto: Ilgner

Über die Geschichte der jüdischen Bevölkerung Mönchengladbachs gibt es in der stadtgeschichtlichen Sammlung "Flashback" des Museums Schloss Rheydt nicht allzu viele Dokumente. Nun kann sich Museumsdirektor Dr. Karlheinz Wiegmann über eine wertvolle Bereicherung der Ausstellung freuen. In einem kleinen Raum hinter dem Treppenaufgang der Vorburg liegt der Schatz – in einer Vitrine ausgebreitet: eine Thora-Rolle. Das gerollte Schriftstück aus hebräisch beschriebenem Pergament stammt aus einem Haus an der Konstantinstraße in Giesenkirchen. Dort hatten Handwerker im Jahr 2002 ganz oben unterm Dach die Thora-Rolle entdeckt. Offenbar hatten Familienangehörige von Hermann-Josef Wallach, bis zum November-Pogrom 1938 Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Rheydt, der in dem Haus gelebt hatte, die heilige Schrift mit den fünf Büchern Mose aus der Rheydter Synagoge (Wilhelm-Strater-Straße) geborgen und in Sicherheit gebracht. Bevor die Nazis die Synagoge zerstörten. Sicher sind sich Wiegmann und die Eigentümerin der Schriftrolle, die Jüdische Gemeinde Mönchengladbach, allerdings über die Herkunft nicht.

"Die Thora-Rolle stammt aus dem 18. oder 19. Jahrhundert", weiß Museumsdirektor Karlheinz Wiegmann. Sie ist von einem "Sofer", einem minutiös ausgebildeten Thoraschreiber, in ebenmäßiger hebräischer Schönschrift gefertigt worden. Allerdings weist das Pergament an etlichen Stellen gravierende Abnutzungsspuren auf, auch ausgeprägte Feuchtigkeitsschäden sind erkennbar. Daher ist diese Thora für gottesdienstliche Zwecke nicht mehr zu gebrauchen, erklärt Leah Floh, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach. Eine nennenswerte Restaurierung der Rolle war denn auch nicht erforderlich. Eine Expertin reinigte im Auftrag des Museums Schloss Rheydt lediglich das Papier, das sich auf eine Gesamtbreite von rund 20 Metern ausrollen lässt. "Eine beschädigte Thora-Rolle ist nicht mehr koscher und wird normalerweise auf einem speziellen jüdischen Friedhof beerdigt", erläuterte Leah Floh. Doch sei es auch zulässig, eine solche Thorarolle zu Lehrzwecken zu erhalten. Also stellt die jüdische Gemeinde nun dem Museum Schloss Rheydt das geweihte Schriftgut als Leihgabe zur Verfügung. "Ich freue mich sehr, dass hier nun auch ein Stück unserer jüdischen Gemeinde präsentiert werden kann", sagte gestern Oberbürgermeister Norbert Bude.

Es sind sogar mehrere Stücke. Zum Vergleich mit der historischen Rolle animierend liegt in einer Nachbarvitrine eine moderne, kleinere Thorarolle, dazu ein samtenes Futteral aus dem Jahr 1957 und zwei "Kronen", die oben auf die seitlichen Holzstöcke der Thorarolle gehören. Eine mit höchster Sorgfalt anzufertigende Thorarolle sei nicht unter 25 000 Euro zu haben, informiert Leah Floh. Ein Jahr dauere im Schnitt die Schreibarbeit.

(RP)
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