Mönchengladbach Nachbarn hörten Knall "wie bei Explosion"
Mönchengladbach · Beim Busunfall am Sonntagabend schreckte auch die Nachbarschaft auf. Die betroffene Familie weiß noch nicht, wie es weitergeht.
Wer Ibrahim Akansu am Montagmorgen trifft, steht einem jungen Mann gegenüber, dem die vergangene Nacht tief in den Knochen steckt. Akansu trägt eine schwarze Lederjacke, auf die der Regen klatscht. Aber das ist nun auch egal. Er hat kein Auge zugemacht, seit Sonntagabend. "Wir standen die ganze Zeit hier", sagt er.
Es war um kurz nach halb neun, als der Bus der Linie 20 aus noch ungeklärten Umständen in ein Wohnhaus an der Kölner Straße in Odenkirchen krachte. Es ist das Zimmer von Ibrahim Akansu und seinem Bruder, in dessen Außenwand nun ein Loch klafft. Am Sonntagabend sei er noch zehn Minuten vor dem Unfall in jenem Zimmer gewesen, erzählt er. Am Montagmorgen stehen fremde Arbeiter mit Bauhelmen in den Resten der Schlafzimmereinrichtung und stützen die Decke ab. Akansu steht auf der gegenüberliegenden Straßenseite und kann es nicht fassen.
Wie bei einer Explosion habe es geknallt, erzählen Nachbarn, die aufgeschreckt waren, als der NEW-Bus zunächst einen Ampelmast überfuhr und dann im Wohnhaus der Familie Akansu zum Stehen kam. "Wir saßen auf der Terrasse", erzählt eine Anwohnerin, "es knallte zwei Mal hintereinander, das war nicht zu überhören. Wir dachten, an der Tankstelle sei etwas explodiert." Als sie hinausschauten, sahen sie bloß eine Staubwolke.
Das Unternehmen Aral betreibt in unmittelbarer Nähe zum Unfallort eine Tankstelle. Kurz nachdem der Bus die Filiale passiert hat, muss er von der Straße abgekommen sein. Der Rumpf der Ampelanlage wird am Montagmittag mit schwerem Gerät vom Bürgersteig abgetrennt. Drei Kamerateams sind gekommen und halten drauf.
Anwohner und Passanten bleiben gleichfalls an der Kölner Straße stehen und erzählen. Sie berichten vom Hubschrauber, der auf dem Sportplatz Odenkirchen-Süd landete und mit dem verletzten Busfahrer wieder davonflog. Manche wollen etwas über die Unfallursache erfahren haben und tauschen sich eifrig aus. "Das ist zum jetzigen Zeitpunkt alles Spekulation", sagt Polizeisprecher Willy Theveßen.
Julia Wurm war am Sonntagabend eine der ersten am Unfallort. Sie saß in ihrem Wohnzimmer, als sie der "explosionsartige Knall" aufschreckte. Als sie das Unglück sah, sei sie sofort zur Hilfe geeilt, erzählt die 39-Jährige. "Als ich die Polizei rief, zitterten meine Hände", sagt sie. Danach habe die gelernte Physiotherapeutin nur noch "ein Programm abgespult" - bis die Rettungskräfte eintrafen.
Um 12 Uhr sollte der Linienbus am Montag aus dem Haus gezogen werden. Nachdem das Haus mit Stützpfeilern ausreichend stabilisiert war, konnte ein Team mit einer halben Stunde Verspätung um 12.30 Uhr ans Werk gehen.
Wo Familie Akansu nun unterkommen wird, für solche Fragen hatte Sohn Ibrahim zu diesem Zeitpunkt noch keinen Sinn. "Wir müssen erstmal erfahren, was aus dem Haus wird", sagt er.
Noch hoffte die Familie, zumindest einige Gegenstände aus dem einsturzgefährdeten Gebäude in Sicherheit bringen zu dürfen. Weil das den Experten vor Ort zu riskant erschien, war ihnen der Zutritt bis dato verwehrt geblieben.