Mönchengladbach Neue Gespräche über Haus Westland

Mönchengladbach · 60 Jahre ist der leerstehende Gebäudekomplex vor dem Hauptbahnhof nun alt. Erstmals seit 2010 scheint zumindest hinter den Kulissen wieder etwas Bewegung zu herrschen. Konkrete Hoffnungen auf einen Abriss gibt es aber noch nicht.

Mönchengladbach: Neue Gespräche über Haus Westland
Foto: KN

Der Name klingt irgendwie so nett. Ein bisschen nach einem Hotel auf Sylt vielleicht, oder nach einem alten Adelsgeschlecht aus einem Fantasyroman: Haus Westland. Doch natürlich handelt es sich in Wirklichkeit um Mönchengladbachs prominenteste Schrottimmobilie, die schon wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung 1955 nicht mehr als schickes Symbol des Wirtschaftswunders galt - und in den letzten Jahrzehnten dann zum wohl auserzähltesten Treppenwitz der jüngeren Stadtgeschichte verkam. Seit Jahren schlummert der leerstehende Koloss, in ein offenbar nicht unrentables Investitionsportfolio eingebunden, vor sich hin. Und es besteht wahrlich keine Garantie, dass der folgende Sachverhalt daran etwas ändern wird: Offenbar ist hinter den Kulissen wieder Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Ein kleines bisschen zumindest.

In den letzten Wochen mehrten sich die Stimmen, aus den unterschiedlichsten Ecken, die etwas gehört haben wollen: Will der Eigentümer, die britische Numisma-Gruppe, das Objekt mittlerweile doch loswerden? Waren Genehmigungsfragen und Markteinschätzungen rund um die Immobilie bereits Gesprächsthema auf der Immobilienmesse Mipim in Cannes im März? Die Stadt um Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners habe das Objekt bei einem Termin im Dezember vorgeschlagen, als es um einen möglichen neuen Standort für das Arbeitslosenzentrum ging, berichtet dessen Vorstandsmitglied Karl Boland - und das, obwohl Haus Westland in Fremdbesitz ist. Und, auch das scheint klar, obwohl sich niemand wirklich und offiziell aus der Deckung wagt: Weder die Stadt noch eine ihrer Töchter würde es wohl haben wollen. Doch sie wird schlechterdings Interesse haben, dass das Gammelgrundstück in zentralster Lage schnellstmöglich kein Gammelgrundstück mehr ist.

Die riesige Telefonnummer mit Rheydter Vorwahl auf dem Dach, die man als Mietinteressent anrufen soll, gehört zu einem toten Anschluss. Der Düsseldorfer Anwalt, der Numisma vertritt, sagt, es gebe in der Causa nichts, aber auch gar nichts Neues zu vermelden. Und die letzten halbwegs konkreten Pläne, das Areal einer neuen Nutzung zuzuführen, sind mittlerweile auch schon wieder fünf Jahre her. Damals war vorgesehen, abzureißen, zwei Neubauten zu errichten und die Stadtverwaltung als Ankermieter zu gewinnen - im Endeffekt ein Satz mit X. So war es auch vorher schon etliche Male gewesen. Am markantesten wohl im September 2006, als Projektentwickler Norbert Bienen, der damalige Oberbürgermeister Norbert Bude und der damalige EWMG-Chef Manfred Nieland vorschnell verkündeten, Numisma investiere zwischen 45 und 48 Millionen Euro und plane einen Neubau mit Läden hinter Arkaden, Büros in den oberen Stockwerken und ein Parkhaus. Im Januar 2007, hieß es damals, kämen die Bagger, Ende 2008 sollte alles fertig sein.

Kurz zuvor, im Juli 2006, war Haus Westland in den Besitz der Briten übergegangen. Der in der Schweiz lebende Vorbesitzer hatte es verkauft, einige Jahre zuvor war die Stadtverwaltung ausgezogen - in Erwartung einer Renovierung der Immobilie und mit der Aussicht, mit einem langfristigen Mietvertrag später wieder einzuziehen. Weitere vier Jahre zuvor waren mal Verkaufshallen mit einer Art Markt im Gespräch. Doch die Gegenwart sieht heute so aus wie seit Jahren: Der zehnstöckige Büroturm und Wohnetagen stehen leer, lediglich im Erdgeschoss sind noch Geschäfte vermietet, die sich - wohlwollend ausgedrückt - gut im Einklang mit der landläufigen Vorstellung eines Bahnhofsumfelds befinden.

Das städtebauliche Debakel zeichnete sich beim Spatenstich 1954 noch nicht ab. Haus Westland, entworfen vom Kölner Architekten Peter Steuser, galt quasi als Baukunst: Die rasterartige Fensterfront, die vorspringenden Flachdächer aus Spannbeton, die strahlend weiße Keramikverkleidung, und das alles über dem Bahnhofsvorplatz thronend - das war schon was. Dass die Wohnungen über offene Gänge zu erreichen waren, galt als schick und modern. 85 Mieter, 25 Firmen und acht städtische Ämter saßen zu Hochzeiten im Gebäudekomplex. Doch der Verfall kam schnell - erst auf der Rückseite, ab den 70ern dann auf an der Vorderseite. Nachdem im Oktober 1979 ein vier Meter langes Stück des Außenputzes abgebrochen war, wurde eine umfassende Renovierung beschlossen, die auch eine Neugestaltung mit einer Bronze-Aluminium-Fassade beinhaltete. Rückblickend verstärkte das den düsteren Eindruck nur weiter. Mittlerweile glaubt wohl niemand mehr daran, dass das Gebäude noch saniert werden kann - doch ein Abriss zeichnet sich, neue Gespräche hin oder her, auch weiter nicht ab.

(RP)
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