Mönchengladbach Nötigung oder Strafzettel? 900 Euro fällig

Mönchengladbach · Weil sie mit ihrem Auto die Ausfahrt aus einem Feldweg versperrt hatte, musste eine Rentnerin vor Gericht. Der Vorwurf lautete Nötigung.

 Um das Auto aus der Ausfahrt hinauszusetzen und anschließend das Gartentor zu schließen, muss B. ihr Auto entweder auf der Straße parken oder vor der benachbarten Zufahrt zu einem Feldweg.

Um das Auto aus der Ausfahrt hinauszusetzen und anschließend das Gartentor zu schließen, muss B. ihr Auto entweder auf der Straße parken oder vor der benachbarten Zufahrt zu einem Feldweg.

Foto: Sabine Kricke

Brigitte B. ist immer noch fassungslos, als sie von einem Vorfall vor ihrer Einfahrt am 10. Juni vergangenen Jahres berichtet. "900 Euro für ein Knöllchen?", fragt die 74-Jährige. Weil sie an dem Freitagmittag mit ihrem Auto einen Feldweg versperrte, musste die Rentnerin im Dezember vor Gericht. Allerdings nicht wegen eines Strafzettels: Angezeigt war sie wegen Nötigung. Timo L. wollte gemeinsam mit seiner Mutter aus dem Feldweg heraus auf die Straße fahren. 50 Minuten habe er gewartet, dass B. die Ausfahrt frei macht. "Quatsch, das waren maximal zehn bis 15 Minuten", entgegnet die 74-Jährige. Sie wohnt an einer Einbahnstraße in Mönchengladbach. Neben ihrem Haus führt ein kleiner Feldweg zu den Weiden hinter ihrem Grundstück. Um das Auto aus der Ausfahrt hinauszusetzen und anschließend das Gartentor zu schließen, muss B. ihr Auto entweder auf der Straße parken oder vor der benachbarten Zufahrt zu einem Feldweg.

An dem besagten Freitag habe sie noch schnell in der Stadt etwas erledigen wollen. Nach ihrer Schilderung setzte sie das Auto aus ihrer Einfahrt heraus und parkte vor dem Feldweg. "Dann habe ich gemerkt, dass ich mein Handy vergessen hatte, und ging noch mal zurück ins Haus", berichtet die 74-Jährige. Timo L., der im Sommer öfter mit seiner Mutter den Feldweg nutzt, um ihren Pferden auf der Weide Wasser zu bringen, wollte währenddessen von dem Weg aus auf die Straße fahren. Als die 74-Jährige im Haus war, um ihr Handy zu holen, habe ganz plötzlich ihr Telefon geklingelt, eine Bekannte sei am Apparat gewesen. "Ich habe maximal zehn oder 15 Minuten mit ihr telefoniert", sagt die Rentnerin.

Als sie dann zurück zu ihrem Auto ging, sah sie bereits einen Polizisten davor stehen. Der 19-jährige L. schildert im Gespräch mit unserer Redaktion den Vorfall anders. "Wir hatten Sichtkontakt zu Frau B.. Sie hat genau gesehen, dass wir auf dem Feldweg fuhren und auf die Straße wollten", sagt L.. Nachdem er mehrfach mit Hupen auf sich aufmerksam gemacht habe, habe er schließlich die Polizei gerufen. "Ich wollte eigentlich keinen Streit, aber das ging wirklich zu weit", sagt er. Das Pikante an der Sache: Laut L. handelt es sich nicht um den ersten Vorfall dieser Art. Bereits in der Vergangenheit und nach dem 10. Juni habe es zwischen ihm, seinen Eltern und Frau B. immer wieder Ärger gegeben. "Einmal stellte sie sich einfach vor unser Auto und wollte uns nicht durchlassen", erinnert sich L.. Die Rentnerin bestreitet Vorfälle dieser Art. Nur an eine Sache könne sie sich noch gut erinnern. "Einmal ist es fast zu einem Unfall mit einem Auto auf dem Feldweg gekommen. Danach habe ich dem Autofahrer gewunken und gefragt, warum er sich nicht einmal bei mir entschuldigt, wenn er schon fast in mein Auto reinfährt." Dass es sich dabei um den Vater von L. handelte, habe sie damals nicht gewusst.

Die Polizei bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass sie bereits "mehrfach aus unterschiedlichen Gründen" zur Adresse von Frau B. gerufen worden sei. Am 1. Dezember fand dann die Verhandlung in der Sache statt. Nachdem die Zeugen und Brigitte B. angehört wurden, machte das Gericht den Vorschlag, das Verfahren gegen eine Geldzahlung einzustellen - die Rentnerin stimmte zu. "Der Anwalt hat mir dazu geraten, weil man mir sonst vielleicht den Führerschein abgenommen hätte", sagt B.. Laut einem Gerichtssprecher ist ein Entzug der Fahrerlaubnis im Fall einer Verurteilung durchaus möglich.

Im Nachhinein bereut B. ihre Entscheidung, dem Vorschlag des Gerichts zugestimmt zu haben. Sie ringt mit sich, ob sie die 900 Euro wirklich bezahlt. "Ich finde das nicht gerecht", sagt sie. Sollte sie die 900 Euro bis zum vereinbarten Zeitpunkt im Februar nicht gezahlt haben, wird die Verhandlung dort fortgesetzt, wo sie im Dezember endete.

(skr)
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