Düsseldorfer Unternehmen Capricorn Nürburgring-Käufer wird Gladbach verlassen

Mönchengladbach · Das Unternehmen Capricorn, das für 77 Millionen Euro den Nürburgring kauft, sieht seine Mönchengladbacher Niederlassung als "zeitlich begrenzt" an. Auf einem Grundstück im Düsseldorfer Medienhafen sei eine Automanufaktur geplant: "Dies soll der zukünftige Arbeitsplatz der Mitarbeiter aus Mönchengladbach werden."

 Die Niederlassung des Automobilzulieferers Capricorn an der Krefelder Straße liegt zwischen Hoya Lens und dem Schuhhaus Siemes.

Die Niederlassung des Automobilzulieferers Capricorn an der Krefelder Straße liegt zwischen Hoya Lens und dem Schuhhaus Siemes.

Foto: Detlef Ilgner

Die Zustimmung der EU-Kommission vorausgesetzt, geht der Nürburgring — Formel-1-Strecke, Nordschleife und Freizeitpark — zum 1. Januar 2015 an Capricorn. Nach Informationen der "Wirtschaftswoche" hilft die Deutsche Bank maßgeblich bei der Finanzierung. Doch wie konnte es dazu kommen, dass ein Betrieb, der einst mit sechs Mitarbeitern in die Vitusstadt kam und hier für etliche Jahre sogar seinen Hauptsitz unterhielt, binnen so kurzer Zeit einen so kometenhaften Aufstieg schafft?

Das Schicksal von Capricorn — das englische Wort für das Tierkreiszeichen Steinbock, in dem Wild 1962 geboren wurde — ist eng verwoben mit seinem Gründer. Er kam in Düsseldorf zur Welt, als Sohn aus Italien eingewanderter Speiseeishersteller. Während seines Medizinstudiums fand er zum Motorsport, restaurierte und handelte mit alten Sportwagen. 1985 gründete er den ersten Vorläufer des heutigen Unternehmens Capricorn, anfangs noch als Firma für Oldtimer-Restaurierung. Doch schnell diversifizierte er sich, auf ziemlich hohem Niveau — und das dürfte eines der Geheimnisse des Erfolges sein.

In Gladbach fertigt Capricorn hochwertige Pleuel sowie Fahrwerks- und Chassis-Komponenten vom winzigen Zahnrad bis zum Kohlefaser-Monocoque und beherbergt an der Krefelder Straße neben dem Maschinenpark für die Bauteilfertigung alle Prüfstände, die Qualitätskontrolle und den Fahrzeugbau. Die Teile kommen in hochwertigen Fahrzeugen bis hin zum Formel-1-Boliden, auch dem von Weltmeister Sebastian Vettel, zum Einsatz. Das Serviceteam für Renn- und Rallye-Betreuung sitzt in Gladbach.

Doch Capricorn ist längst über den alten und neuen Hauptsitz Düsseldorf und die zeitweilige Heimstatt Gladbach hinausgewachsen. Die Exportquote beträgt 70 Prozent. Durch Zukäufe in den USA, Großbritannien, Italien und Frankreich ist eine Unternehmensgruppe entstanden, in der längst auch geforscht und für die Medizintechnik, die Luft- und die Raufahrtindustrie gefertigt wird und mit Immobilienentwicklung Geschäfte gemacht werden. Und Wild betreibt mit seinem Bruder das edle "Lido", ein Restaurant im Düsseldorfer Hafenbecken. Benannt ist es nach der Kaiserswerther Eisdiele seiner Mutter.

Wild nutzt mit seinem Firmenflieger regelmäßig den Gladbacher Flughafen. Auf einem dieser Flüge, so wird berichtet, setzte ihm jemand den Floh ins Ohr, den Nürburgring zu kaufen. In unmittelbarer Nähe des Rings, dem Gewerbegebiet Meuspath, ist Capricorn schon seit geraumer Zeit mit einer Fabrik vertreten, in der Hochleistungsbauteile aus Faserverbundwerkstoffen wie Carbon, Aramid und Glasfaser konstruiert und gefertigt werden. Ferner unterhält das Unternehmen dort ein Testcenter mit Anbindung an die Nordschleife. Nun übernimmt Wild den "Ring", in den bereits eine Unmenge Geld versenkt worden ist, gleich komplett. Und hat schon angekündigt, dass er zurückbauen, umbauen, ein neues, auto-affines Gewerbegebiet errichten wird. Wahrscheinlich werden, um die angestrebte Verschlankung an der Eifel-Rennstrecke zu erreichen, auch Nürburgring-Mitarbeiter gehen müssen, wie der SWR berichtet.

Dennoch könnte das Unterfangen aufgehen — dem Gesetz der Serie folgend. Denn bis jetzt ging eigentlich alles auf, das Wild angefasst hat. Nicht immer waren dabei alle Beteiligten zufrieden: Die Rückverlagerung des Hauptsitzes von Gladbach nach Düsseldorf wurde von markigen Worten begleitet, weil Wild sich von der Stadt und der WFMG bei seinen Erweiterungsplänen nicht genug unterstützt fühlte. Und auch aus Düsseldorf waren zuletzt verstimmte Töne seitens der Stadt zu vernehmen, weil Wild mit seinen Projekten im Medienhafen nicht vorankommt. Doch mit der Rettung des "Rings" hat er nun auch erst einmal genug an der Backe.

(RP)
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