Mensch Gladbach Nur Geduld!

Mönchengladbach · An halbvollen Gläsern kann man sich herrlich durstig trinken. Letztes Jahr war es im Juli regnerisch und frisch. Aufschrei! Jetzt ist es heiß. Aufschrei! Egal ob Freizeitpark, Haushalt oder Triathlon - die Gladbacher sind absolut sicher: Wird schon schief gehen. Und suchen gerne schon mal Haare, bevor die Suppe überhaupt gekocht wird.

Wenn fremde Kulturen aufeinandertreffen, wird es gerne schon mal entweder todernst oder richtig lustig. Nehmen Sie nur mal den Freizeitpark, den Investoren sich gut im JHQ vorstellen konnten. Nein, ich meine nicht die zweifellos vorhandenen Kulturunterschiede zwischen Arabern und Europäern. Ich meine den Planeten, auf dem Menschen leben, die Visionen in die Tat umsetzen wollen, und den Planeten, auf dem unsere Verwaltung Anfragen bescheidet. Da muss man erst mal drauf kommen: Ein Investor kann sich vorstellen, 1,5 Milliarden in der Stadt zu verbauen, Arbeitsplätze zu schaffen und reichlich Geld in die Stadtkasse zu spülen. Und was sagt die Stadt? Klasse, mit denen setzen wir uns möglichst schnell an einen Tisch, vielleicht geht da ja wirklich was? Nein, die Stadt sagt: Wir schreiben mal schnell einen Brief und sagen, was im JHQ auf keinen Fall geht: Shoppen. Wohnen. Und überhaupt.

Ich würde vorerst genau so wenig auch nur einen Petrodollar auf den Freizeitpark im JHQ setzen wie auf einen Champions-League-Sieg von Borussia. Dazu habe ich schon zu viele mit schönen, bunten Bildchen angekündigte Großbau-Projekte in Schubladen verschimmeln sehen. Bloß: Egal, ob Freizeitpark oder Champions-League-Sieg: Per se ausschlagen darf man so ein Angebot denn auch nicht. Also: in Ruhe anhören. Ausloten. Verhandeln. Entscheiden. Mit kühlem Kopf. Wer kann denn unserer Verwaltung mal erklären, dass es ihr Job gar nicht ist, Dinge zu verhindern, sondern Dinge zu ermöglichen? Herr Oberbürgermeister, das wäre doch mal eine schöne Aufgabe für Sie!

Übrigens: Die Szenarien, die in unserer Stadt gemalt wurden, als die Briten ankündigten, uns das JHQ mangels weiteren Bedarf bald besenrein zu hinterlassen, waren noch übler als die bei der Ankündigung der Fünf-Tage-Hitze-Periode: Katastrophe! Arbeitsplätze weg. Kaufkraft weg. Nie wieder aufzuholen das alles. Land, Bund, lieber Gott - hilf! Jetzt brauchen wir vielleicht tatsächlich Hilfe, wenigstens mal vom Land: nämlich um ein Großprojekt zu planen.

Auch ein weiterer prophezeiter Untergang ist bis auf weiteres abgesagt: Als das Land der Stadt zig Millionen unter dem ulkigen Titel "Stärkungspakt" anbot, dachte manch einer an den Leibhaftigen - nur, weil das Ganze Pakt heißt. Tatsächlich muss sich eine Stadt nicht kaputt sparen, um ihre Finanzen in den Griff zu bekommen. Sie muss halt nur andere Ideen haben als: Wir kürzen jetzt alle Leistungen und nehmen dafür dann noch höhere Steuern. Wenn CDU und SPD nachvollziehbar darstellen können, dass sie mit Mehreinnahmen tatsächlich die Stadt voranbringen wollen, zum Beispiel, indem sie sie sauberer machen oder für genug Kapazität beim Planen und Bauen sorgen - was sich langfristig immer rechnen wird - dann werden viele bereit sein, diesen Weg mitzugehen.

Beim ersten Mal kann nicht immer alles klappen. Beim Triathlon lief auch nicht alles rund: abgeschleppte Autos, Zuschauer, die Läufer behinderten. Ja, ist nicht schön. Aber aus Fehlern kann man lernen. Und andere Sachen haben ja auch geklappt. Das Becken mit 700 000 Liter Wasser auf dem Rheydter Markt ist zum Beispiel nicht durch den Boden in die Tiefgarage gekracht, wie einige unkten.

(RP)
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