Mönchengladbach Placebo spielen Hits aus 19 Jahren

Mönchengladbach · Zum Konzert von Placebo kamen sogar Fans aus Berlin. Und freuten sich über viele Klassiker.

 Auf ein Foto der Band Placebo aus dem Hockeypark hat die Redaktion bewusst verzichtet, weil wir entgegen der Forderung des Managements nicht bereit waren, die Bildrechte vollständig an die Band zu übertragen. Dieses Foto zeigt Sänger Brian Molko beim Auftritt vor fünf Tagen in Österreich.

Auf ein Foto der Band Placebo aus dem Hockeypark hat die Redaktion bewusst verzichtet, weil wir entgegen der Forderung des Managements nicht bereit waren, die Bildrechte vollständig an die Band zu übertragen. Dieses Foto zeigt Sänger Brian Molko beim Auftritt vor fünf Tagen in Österreich.

Foto: dpa, oze ks

Aller Anfang ist Brummen und Flackern und schließlich Jubelschrei, als Brian Molko sich die Gitarre umhängen lässt. "B3" heißt der erste Song, den spielen Placebo zum Hämmern der Synthesizer. Das Licht scheint hell und rot in den Dunst der allerletzten Sonnenstrahlen. Molko schlurft Richtung Mikrofon. "I refuse to be left behind", singt er. Und der Hockeypark singt mit ihm.

9500 Fans kamen gestern Abend zum Konzert der Band Placebo nach Mönchengladbach. Es ist der erste und wohl einzige Auftritt der britischen Musiker in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr. Sie spielen "B3" und im Anschluss "For what it's worth" vom vorletzten Album. Gekommen war die Band auch um ihr aktuelles Album "Loud Like Love" vorzustellen. Den Titelsong geben sie als drittes Stück des Abends, zuletzt löst sich der Song im Trommelwirbel von Schlagzeuger Steve Forrest auf. Molko sagt: "We come in peace" und reckt Zeige- und Mittelfinger in die Luft. Wir kommen in Frieden - was immer er meinen mag.

 Manche Fans behielten die Regencapes zur Sicherheit lieber an. 9500 Besucher waren in den Hockeypark gekommen.

Manche Fans behielten die Regencapes zur Sicherheit lieber an. 9500 Besucher waren in den Hockeypark gekommen.

Foto: Ilgner

Seit 19 Jahren gibt es Placebo nun, seit 19 Jahren führt Sänger Brian Molko das Trio an. In Mönchengladbach sind Placebo zu siebt, ihre Mitmusiker haben sie zwischen Dutzenden Leinwänden geparkt. Im Mittelpunkt steht immer Frontmann Molko, meist leicht gebückt. Molko sieht aus, als wäre er extra für diesen Abend einem der Harry-Potter-Bücher entsprungen. Er trägt das Haar schulterlang und rabenschwarz, auch weiter hinten ist der Kajal unter seinen Augen noch zu erahnen. Das ist sein Markenzeichen. Den trägt er immer auf. Natürlich wollen ihn seine Fans auch so sehen.

Gekommen sind sie aus den Niederlanden, dem Hochsauerlandkreis und dem Ruhrgebiet - das verraten die Autokennzeichen. Irgendwo mittendrin stehen auch Mark Gritz und Daria Chepel. Sie tragen große Brillen und sehr enge Hosen. Sie sind junge moderne Europäer, Mitte 20, kommen aus der Ukraine, wohnen aber in Berlin. Sie sprechen kein Deutsch und erzählen auf Englisch: In Gladbach waren sie noch nie. Sie sind extra für dieses Konzert angereist. "Placebo spielen dieses Jahr nicht in Berlin", erzählt Gritz, darum hätten sie sich auf den Weg gemacht. "We are huge fans", sagt Chepel. Sie seien große Fans.

So wie Svenja Freh die aus Leer in Ostfriesland angereist ist. Ihre Familie wohnt in Gladbach, da habe sie den Konzerttermin mit einem Besuch verbunden. Freh schaut in den Grauschleier gen Horizont. "Das Wetter ist wie gemacht für Ostfriesen", sagt sie. Immerhin bleibt es bis zum Schluss trocken.

Denn noch zum Einlass um 18 Uhr hatte es kräftig geschauert. Vor den Eingängen wechselten Regencapes ihre Besitzer. Drei Euro zahlten die Besucher für einen der Plastik-Überwürfe und konnten wählen: gelb oder lila.

Drinnen dann zogen sie manche zur Sicherheit gleich über und behielten sie bis zuletzt an. Vorne springen und klatschen sie sich das nasskalte Wetter aus den Knochen. Ganz hinten spielt ein Herr zum Song "Rob the bank" Luftgitarre. Im T-Shirt - so geht es auch.

Es folgt das putzige "Too many friends", einer der schwächeren Placebo-Songs. Es geht ums Internet und die Gefahr der sozialen Medien, und Brian Molko klingt naiver als jene, die er zu warnen sucht. Er gibt den Altklugen. Dabei ist er gerade einmal 41.

In Interviews betont Molko gern seine Bescheidenheit. Einmal sagte er, privat leiste er sich kaum Extravaganzen - abgesehen von seiner Kunstsammlung. Im Hockeypark kam die Band ganz ohne Extrawünsche aus. Ein paar Spirituosen hatten sie hinter der Bühne erbeten sowie vegane Beköstigung. Das war's. Zwischen den Songs huscht der Sänger an den Bühnenrand, lässt sich eine Kippe reichen und kommt zwei oder drei Züge später zurück.

Dann spielen sie "Meds" und "Song to say goodbye". Die zweite Hälfte dieses Abends gestalten sie hauptsächlich mit Klassikern. Auch Kate Bushs "Running up that hill" spielen Placebo seit Jahren nach.

Um kurz vor halb zehn verlässt die Band zum ersten Mal die Bühne und kommt für eine halbstündige Zugabe zurück. Zuletzt spielen sie "Infra-Red". Als sich die Fans auf den Weg zurück nach Berlin und Ostfriesland machen, steigt auch Brian Molko in den Tourbus. Heute schon spielt die Band in Frankreich. Es heißt, sie fuhren die Nacht durch.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort