Mönchengladbach Prozess: Tod eines Radfahrers

Mönchengladbach · Seit Dienstag steht ein Dachdecker vor Gericht. Er soll Ende April einen jungen Radfahrer auf der Gladbacher Straße angefahren und tödlich verletzt haben. An der Unglücksstelle stehen immer noch Kreuze, Kerzen und Blumen.

Autofahrer verlangsamen ihr Fahrt, Radfahrer und Fußgänger bleiben stehen. Die Stelle an der Gladbacher Straße, an der der 28-jährige Fahrradfahrer in der Nacht zum 27. April angefahren und tödlich verletzt wurde, ist zu einem besonderen Ort geworden. Etwa auf der Hälfte der Strecke zwischen Kothausen und Dorthausen ist das schreckliche Unglück passiert. Die Polizei hat den Hergang damals so rekonstruiert: Der Radfahrer muss von der rechten Seite eines Fahrzeugs erfasst worden sein. Er stürzte dabei auf einen Kunststoffpoller und erlitt tödliche innere Verletzungen. Stunden später starb der Mann im Krankenhaus. Der Unfallverursacher war verschwunden. Tage später hatte die Polizeifahndung Erfolg. Er wurde gefasst.

Fremde sprechen ein Gebet

Die Familie des Getöteten hat ein Kreuz errichtet und Blumen gepflanzt. Aber auch Nachbarn aus den umliegenden Dörfern bringen Blumen und zünden Kerzen an. Sie verharren, falten die Hände, sprechen ein stilles Gebet. Obwohl sie den jungen Mann nicht kannten, spüren sie die Tragik dieser Nacht und empfinden Mitgefühl mit seiner Familie und den Freunden. Die Blumen an der Unglücksstelle sind immer frisch, die Kerzen flackern in den roten Grablichtern.

Seit gestern steht ein Dachdecker vor dem Mönchengladbacher Schwurgericht. Die Staatsanwaltschaft macht den 28-Jährigen für das Verbrechen an dem Radfahrer verantwortlich. Sie wirft ihm versuchten Mord, fahrlässige Tötung, Unfallflucht und mehrfaches Fahren ohne Fahrerlaubnis vor. Die Anklage geht davon aus, dass der Fahrer unerkannt bleiben wollte, weil er alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis am Steuer des Firmenfahrzeugs saß. Der Angeklagte, der erst vor ein paar Jahren aus seiner Heimatstadt Greifswald nach Mönchengladbach gekommen war, machte gestern widersprüchliche Aussagen.

Bereits bei der Polizei und bei der Haftrichterin war er mit unterschiedlichen Erklärungen aufgetreten. Vor dem Schwurgericht fiel der Mann gestern mit unglaubwürdigen Erinnerungslücken auf. Er habe Alkoholprobleme, und er sei auch in der Nacht alkoholisiert gewesen. Damals habe er nur einen Knall gehört und erst am nächsten Tag im Radio von demTod des Radfahrers erfahren. Unmittelbar nach dem Unfall sei er in Panik geraten und schnell davongefahren, hieß es in einer Aussage.

Doch gestern war auf einmal die Rede vom Beifahrersitz. Er habe auf dem Beifahrersitz gesessen. Nein, Kollegen oder Freunde habe er am anderen Tag nicht gefragt, ob sie hinterm Steuer gesessen hätten. Allerdings hatte der Angeklagte, der sich als Kokainkonsument im Gerichtssaal vorstellte, am Tag danach für einen auffallend schnellen Ersatz eines beschädigten Außenspiegels des Firmenfahrzeugs gesorgt. "Ich wollte keinen Ärger mit meinem Arbeitgeber bekommen", so der Angeklagte. Als er sich immer mehr in Widersprüche verwickelte, wollte er gestern "gar nichts mehr sagen". Der Prozess wird Anfang November fortgesetzt.

(RP)
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